Film Stars don't die in Liverpool

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Filmstars don´t die in Liverpool - 2017 Filmposter
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Mit „Sehnsüchtig“ (im Original „Wicker Park“) hat der Brite Paul McGuigan Josh Hartnett und Rose Byrne in einem komplexen Romantikdrama zusammen- und auseinander gebracht, auch sein Undergroundhit „Lucky Number Slevin“ dürfte Videothekengängern noch ein Begriff sein. Sein neuer Film kann sich dagegen endlich auf einen Kinostart bei uns freuen und schafft ein faszinierendes Beziehungsporträt mit starken Auftritten von Annette Benning und „Billy Elliot“-Star Jamie Bell.

Vieles an den atmosphärischen Bildern der dicht gedrängten britischen Backsteinhäuser Liverpools erinnert an Szenen aus Stephen Daldrys beschwingtem Tanzfilm, nicht nur, weil der mittlerweile erwachsene Hauptdarsteller Jamie Bell darin in einer wunderbaren Disco-Nummer erneut sein Können unter Beweis stellt. Auch hier wird ein England der prekär gewordenen Arbeiterklasse mit etwas anderem kontrastiert, das darin wirkt wie ein bunter, exotischer Vogel. War es in „Billy Elliot“ das Ballett als Hochkultur der oberen Schichten, ist es hier die Unerreichbarkeit des amerikanischen Hollywood-Glamours, der plötzlich Einzug hält, als die alternde Film-Diva Gloria Grahame (Annette Benning) sich in einem heruntergekommenen Zimmer in Liverpool einmietet. Ihre letzten großen Rollen liegen lange zurück und man flüstert sich in der Eckkneipe zu, dass sie wohl einst sogar einen Oscar gewann. Dennoch sind Charme und Anziehungskraft der agilen, aber auch getriebenen Frau unverkennbar. Der junge Peter gerät sofort in den Bann ihrer lebhaften Bewegungen und zwischen dem perspektivlosen Jungschauspieler und dem fast vergessenen Hollywood-Star entwickelt sich eine leidenschaftliche Liebesbeziehung, die aufgrund des Altersunterschieds von über 30 Jahren einiges an Fragen aufwirft.

Paul McGuigan adaptiert hier die gleichnamigen Memoiren des jungen Mannes, der sich in die berüchtigte Gloria Grahame verliebte – die für einen Skandal sorgte, als sie ihren Mann Nicolas Ray (der Regisseur von „…denn sie wissen nicht, was sie tun“) mit seinem Sohn aus erster Ehe betrog, diesen schließlich heiratete und ebenfalls ein Kind mit ihm zeugte.

Für die amerikanische Öffentlichkeit war dies schwer zu verkraften, brachte es doch das viel beschworene Konzept der Familie ordentlich durcheinander. Die Verfilmung der biographischen Erinnerungen von Peter Turner setzt später, am Ende von Grahames unkonventionellem Leben an, und ihre Stärke ist die Unvoreingenommenheit mit der sie die Beziehung der beiden Liebenden betrachtet.

Natürlich gibt es die projektive Sehnsucht des jungen Mannes nach dem Leben, das die erfahrene und erfolgreiche Frau verkörpert. Ebenso wie ihr Begehren nach seiner Jugend und Schönheit, die sie im Begriff ist zu verlieren. Und dennoch ist da auch eine Art Seelenverwandtschaft, die nicht in solchen Erklärungsmustern aufgeht. Auch der junge Peter ist jemand, der quer zu gesellschaftlichen Erwartungen lebt und keine Kompromisse machen will. In Gloria findet er endlich eine Partnerin, die bereit ist, ihn so zu akzeptieren und seine Leidenschaft für die Schauspielerei, das Schlüpfen in endlos neue Rollen, teilt. Die Bedingungslosigkeit ihrer Liebe machen die beiden Hauptdarsteller in jeder Szene hautnah erfahrbar und Annette Benning überzeugt hier mit einer der besten Performances ihrer gesamten Karriere.

In geschickt gefilmten Zeitsprüngen erzählt McGuigan die Phasen ihrer Begegnungen und ihrer Abschiede, der Idealisierungen und Ernüchterungen. Und er lässt dabei auf herausfordernde Art offen, ob es nicht einfach doch Liebe ist – und diese sich gerade nicht in den erwartbaren gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ereignet.

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