1917

Golden Globes 2020 (Nominierungen "Beste Regie", "Bester Film - Drama", "Beste Musik")

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1917 - 2019 Filmposter
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Sam Mendes kann Arthouse („American Beauty“) und Blockbuster („Skyfall“, „Spectre“). Jetzt hat er ein Kriegsdrama inszeniert. In den Wirren des Ersten Weltkriegs schickt er zwei britische Soldaten tief in Feindesland, um eine schriftliche Botschaft zu überreichen. Ein Brief, der 1.600 Leben retten kann. Das Besondere: Mendes hat seinen Film in einer einzigen Aufnahme gedreht – ohne Pause, ohne Schnitt. So gleitet die elegante Kamera durch die Schützengräben und nimmt den Zuschauer quasi direkt mit. Das ist ebenso spannend wie bildstark, außergewöhnlich und überwältigend.

Dies ist der Film, über den im Vorfeld schon jeder Kinoliebhaber spricht, nicht so sehr seines Themas wegen oder der Stars, sondern wegen seiner Machart. „1917“, der neue Film von Sam Mendes, ist in einer einzigen Aufnahme und damit in Echtzeit gedreht. Es gibt also keinen Schnitt, Handlung und Zeit bilden eine unverbrüchliche Einheit. „Slice of time“ nennt Sam Mendes das – ein Ausschnitt der Zeit, bei der die Kamera (und mit ihr der Zuschauer) immer ganz nah bei den Charakteren ist. Das ist eigentlich nichts Neues: 2015 führte uns Sebastian Schipper in „Victoria“ in einer einzigen Einstellung durch das Nachtleben von Berlin, 2002 erkundete Alexander Sokurow auf dieselbe Weise die 35 Säle der Eremitage in St. Petersburg, nicht zu vergessen „Cocktail für eine Leiche“ von Alfred Hitchcock. Mendes hat die One-Shot-Einstellung nun perfektioniert. Dadurch, dass die Figuren ständig in Bewegung sind, ändern sich die Bilder und die Landschaft erscheint wie ein endloser Hintergrund, der dem Auge keine Ruhe lässt.

1917, in Frankreich tobt der Erste Weltkrieg. Die britischen Soldaten Schofield (George Mackay) und Blake (Dean Charles Chapman) erhalten von einem Colonel (Colin Firth) einen höchst wichtigen Auftrag: Hinter der Front ist einige Kilometer weiter eine zweite Frontlinie entstanden, die die Engländer unter Colonel Mackenzie (Benedict Cumberbatch) am nächsten Morgen stürmen sollen. Doch das ist eine Falle der Deutschen, die 1.600 britischen Soldaten das Leben kosten kann. Schofield und Blake müssen also in aller Eile einen schriftlichen Gegenbefehl überbringen, um ihre Kameraden zu retten – ein Himmelfahrtskommando. Von nun an verfolgt die Kamera die zwei Soldaten unablässlich, rückt ihnen auf die Pelle, umkreist sie, geht wie schwerelos hoch und hinunter, etwa beim Auf- und Absteigen auf einen Laster, sie nimmt den Zuschauer mit in die Kommandozentralen, auf die Schlachtfelder und, wie Stanley Kubrick in „Wege zum Ruhm“, in die Schützengräben und macht sie so quasi erlebbar.

Dabei zeigt Mendes immer wieder die Grauen des Krieges: Einmal muss einer der beiden beim Überqueren eines Fluss über einen Haufen angeschwemmter Leichen robben, ein anderes Mal fassen sie versehentlich in die offenen Wunden von Toten. Ratten und Vögel machen sich an den Leichen zu schaffen, tote Pferde und Kühe überall. Nach der realistischen ersten Hälfte nimmt der Film einen anderen, fast schon mythischen Ton an. Maßgeblichen Anteil an diesen sensationellen Bildern hat auch die perfekt gestaltete Ausstattung, von den langen Schützengräben bis zu den unterirdischen Wohnräumen der Deutschen, vom verwüsteten Schlachtfeld bis zum einsam dastehenden, kahlen Baum. Das alles ist, unterstützt durch ein beängstigendes Sounddesign, auch ungemein spannend, etwa, weil die Deutschen Sprengfallen in ihrer verlassenen Unterkunft aufgestellt haben oder die Zeit bis zum Erreichen von Mackenzie immer knapper wird. Der Graben, der zu ihm führt, will einfach kein Ende nehmen.