Die Frau des Nobelpreisträgers

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The Wife - 2017 Filmposter
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2004 wurde Björn Runges Drama „Morgengrauen“ mit dem Silbernen Bären der Berlinale ausgezeichnet. Nun legt der schwedische Filmemacher das Charakterdrama „The Wife“ nach dem gleichnamigen Roman der US-Autorin Meg Wolitzer vor. Der unspektakulär inszenierte, dafür aber spannend erzählte Film handelt von einer tiefgreifenden Lebenslüge, die stückweise an die Oberfläche dringt. Bemerkenswert ist das exzellente Schauspiel von Glenn Close, Jonathan Pryce und Christian Slater. Für Close könnte nach sechs Nominierungen der erste Oscar winken.

Von außen betrachtet führen Joan und Joe Castleman (Glenn Close, Jonathan Pryce) eine gute Ehe, der die Vertrautheit nach fast vier gemeinsamen Jahrzehnten anzumerken ist. Die Rollenverteilung ist klassisch: Joe feiert internationale Erfolge als bedeutender Literat, Joan stärkt ihm als treusorgende Gattin den Rücken. Familiäres Ungemach stiftet allenfalls der Sohn David (Max Irons), der als angehender Schriftsteller den Segen des berühmten Vaters haben will, diesen aber nicht erhält. Als Joan, Joe und David nach Stockholm fliegen, wo Castleman den Literaturnobelpreis erhalten soll, kommt unter Zutun des investigativen Journalisten Nathaniel Bone (Christian Slater) nach und nach ein Ehegeheimnis ans Licht, das die Ehe der Castlemans auf den Kopf stellt.

Die Drehbuchautorin Jane Anderson („Ein amerikanischer Quilt“) adaptiert den 2003 publizierten Roman von Meg Wolitzer mit Geschick beim Verteilen der Informationen, so dass sich die Konflikte ohne erzwungene Dramatik immer weiter zuspitzen. Einerseits schwelt der Vater-Sohn-Konflikt zwischen Joe und David, andererseits geraten die Eheleute immer heftiger in Streit. Der Journalist Nathaniel, der unbedingt eine Biographie über Castleman schreiben will, setzt von außen gezielte Nadelstiche. Zwischendurch illustrieren Rückblenden die Anfangsjahre der Ehe. Als sich Joan und Joe 1958 an der Universität kennenlernen – sie eine literaturinteressierte Studentin, er ein verheirateter Dozent – verfolgt die hier von Glenn Closes Tochter Annie Starke („Albert Nobbs“) gespielte Joan selbst schriftstellerische Ambitionen. In einer Schlüsselszene wird ihr allerdings unmissverständlich davon abgeraten, als Frau auf den Literaturmarkt zu streben.

Symptomatisch für die Charakter-zentrierte Inszenierungsweise stehen die wiederholten Close-Ups auf die Gesichter der Darsteller/innen, insbesondere die auf jenes von Glenn Close („Gefährliche Liebschaften“). Gerade in den stillen Momenten läuft Close zur Höchstform auf – in ihrer Mimik spiegelt sich die ganze Tragweite des Dramas. Daneben brillieren Jonathan Pryce („Brazil“), Max Irons („Die Frau in Gold“) und Christian Slater („Nymphomaniac“), der als manipulativer Autor Eindruck hinterlässt. „The Wife“ ist ziemlich exakt das, was man als Schauspielerfilm bezeichnet. Ein Film also, dessen Qualität im (Zusammen-)Spiel des Ensembles liegt und der eher innere als äußere Konflikte thematisiert. Weil der natürliche Filmstil für solche oft als „literarisch“ bezeichneten Werke schnörkellos und zurückhaltend ist, stehen und fallen sie noch mehr als andere Filme mit Drehbuch und Schauspiel. Runges Literaturadaption erfüllt beide Anforderungen mit Bravour.