Gundermann

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Gunderman - 2018
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Bei Andreas Dresen ist man immer „mittendrin statt nur dabei“. Im Falle von „Gundermann“ erleben wir hautnah und ungekünstelt, was es bedeutet, seine Vergangenheit zu verdrängen und was passiert, wenn sie uns über Umwege doch heimsucht. Im Mittelpunkt der Erzählung: Alexander Scheer als Liedermacher und Ex-Stasi-Spitzel Gerhard Gundermann.

Gerhard „Gundi“ Gundermann (Alexander Scheer) ahnt noch nicht, dass er später einmal einer der prägendsten Künstler der Nachwendezeit sein wird. Als er in den Achtzigerjahren mit seinen Musikern durch die Clubs tourt, ist das Geldverdienen mit seiner Musik noch nicht einmal sein Hauptanliegen. Stattdessen möchte er seine einfühlsamen, oft auf echten Erlebnissen beruhenden Texte mit der Welt teilen. Seine Brötchen verdient er sich dagegen als Baggerfahrer. Als er eines Tages gezwungen ist, sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen, wird er unsanft an sein Leben als Stasi-Spitzel erinnert. Das erschüttert nicht nur Gundis Vertrauen in sich selbst, der sich bis zu seinem frühen Tod mit nur 43 Jahren nie verzeihen wird, was er getan hat. Vor allem stellt ihn das vor die Frage nach dem „Warum?“, die er nicht beantworten kann und von der er hofft, dass sein Umfeld aus Freundin Conni (Anna Unterberger) und seiner Band ihm diese nicht stellt…

Regisseur und Drehbuchautor Andreas Dresen fordert sein Publikum immer wieder heraus. Er konfrontierte es mit der Frage, was wirklich passiert, wenn in einer Familie die Diagnose Krebs fällt („Halt auf freier Strecke“) und er blickte freimütig in die Schlafzimmer der Generation 60 plus („Wolke Neun“). In „Gundermann“ befasst er sich nun mit der bislang wenig bekannten Geschichte des Weimarer Liedermachers Gerhard Gundermann, der lange Zeit als Sprachrohr der Menschen im Lausitzer Braunkohlerevier galt; nicht zuletzt, weil er selbst dort arbeitete. Schon damals und insbesondere nach der Wende äußerte sich Gundermann immer wieder systemkritisch. Eine seiner Facetten, der sich schon Richard Engel in seinem Dokumentarfilm „Gundi Gundermann“ ausführlich annahm. Dresen wendet nun 126 Minuten auf, um das kontrastreiche Bild einer Person zu zeichnen, die sich gleichermaßen stark und zerbrechlich gab, deren melancholische Texte die angestaute Wut über die Welt verbargen und die bis zuletzt hinter ihren damals als kontrovers angesehenen Überzeugungen stand, die mitunter als das Auflehnen gegen ein menschenfeindliches System ausgelegt wurden. Dass Dresen zwischen so viel Pessimismus in einer ungeschönten Realität die Poesie in Gundermanns Texten nicht unberücksichtigt lässt, macht das romantisch-dramatische Biopic in seinem Facettenreichtum so sehenswert. Sehr ausgefeilt und intensiv gerät letztlich die Aufarbeitung. Schließlich folgt auf die eigene Erkenntnis die Frage danach, wie man sein Umfeld über seine Vergangenheit informiert; und ob es das überhaupt braucht. Alexander Scheer ist als Gerhard Gundermann kaum wiederzuerkennen, agiert allerdings überragend. Sein Hin- und Hergerissen sein zwischen Unsicherheit und Bekenntnis wirkt nie widersprüchlich und lässt den Zuschauer glaubhaft an dem inneren Zwiespalt seiner Figur teilhaben. Für diverse kleine bis mittelgroße Nebenrollen verpflichtete Dresen zusätzlich bekannte Gesichter, darunter Bjarne Mädel, Milan Peschel, Axel Prahl und Alexander Schubert, die sich in dem authentischen Achtzigerjahre-Setting zwischen Kohlebergwerk, sterilen Büroräumen und detailgetreu eingerichteten Wohnungen wie selbstverständlich bewegen.