Late NightDie Show ihres Lebens

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Eine weitere Glanzrolle für die wunderbare Emma Thompson: Als egomanische Talkshow-Moderatorin muss sich die Alpha-Frau plötzlich mit sinkenden Einschaltquoten auseinandersetzen und frischen Wind in ihr Format bringen. Dazu stellt sie eine junge und talentierte Quereinsteigerin ein, deren Konkurrenz sie jedoch auch fürchtet. Regisseurin Nischa Ganatra gelingt eine ebenso unterhaltsame wie hellsichtige Komödie um weibliche Solidarität, die patriarchale Strukturen auflöst.

Das Image der erfolgreichen Late-Night-Hosterin Katherine Newbury (Emma Thompson) gerät gewaltig ins Wanken, als bekannt wird, dass die Fernsehmoderatorin eine echte Frauenhasserin sein soll. Ihr Team besteht lediglich aus Männern, auch ihre Gags setzen langsam Staub an. Um ihren Ruf zu retten, beordert sie die tollpatschige, aber hochtalentierte Autorin Molly (Mindy Kaling) in ihr Team. Sie soll frischen Wind in die alteingesessene Runde bringen und Katherines Show wieder auf den richtigen Kurs führen. Das ist auch bitter nötig, denn wie Katherine mittlerweile mitgeteilt wurde, bleibt ihr noch ein einziges Jahr bei ihrem Sender. Aufgrund kontinuierlich sinkender Quoten hat man dort beschlossen, sie zu ersetzen. Also muss Katherine fortan tatsächlich mit Molly an einem Strang ziehen, um die Show, vor allem aber die Karriere der TV-Legende zu retten. Aus einem Marketing-Stunt wird ein eingeschworenes Team und aus der zurückhaltenden Molly eine echte Kämpferin…

„Morning Glory“ und „Der Teufel trägt Prada“ für einen Vergleich heranzuziehen, wäre auf keinen Fall negativ zu verstehen; im Gegenteil. Sie dienen vor allem zur tonalen Einordnung. Selbst, wer mit dem Themengebiet der Late Night Show nichts am Hut hat, profitiert von einem Skript, das sich die Hauptdarstellerin Mindy Kailing („Ocean’s Eight“) auf den Leib geschrieben hat. Sich und ihrer Kollegin Emma Thompson („Kindeswohl“), die sich hier gegenseitig zu Höchstleistungen animieren. Thompson verkörpert ihre knallharte Geschäftsfrau nicht als festgefahrenes Karrierebiest, sondern als bisweilen hilflos im Quotendruck verlorene Frau, die jedoch im Zweifelsfall alles unternimmt, um ihr Umfeld davon zu überzeugen, dass sie zwar tough, aber nicht böswillig ist – und was es mit der Frauenhasserin auf sich hat, wollen wir an dieser Stelle besser auch nicht verraten. Ihr gegenüber wirkt Kailing als tapsiger Neuling im Team zunächst fast verloren. Doch die vierzigjährige Mimin spielt den Wandel zur sich nach und nach aufgrund ihres Könnens auf der Karriereleiter emporschwingenden Gagschreiberin, die mit ihrer zunächst scheinbar haushoch überlegenen Mitstreiterin immer wieder aneinander gerät, jedoch schon bald an einem Strang zieht, absolut souverän und glaubhaft.

„Late Night“ liefert also nicht bloß einen Einblick hinter die Kulissen von Late Night Shows, Fernsehsendern und Quotendruck, sondern ist zugleich ein aufrichtiges Plädoyer für Frauen und gegenseitige Rücksichtnahme. Ohne stets den unangenehmen Zeigefinger zu schwingen und die Schuld für das stete Abfallen des Sendungsimages bei den „alten weißen Männern“ zu suchen, ist Kailings Geschichte ein charmanter Appell an Diversität und das, was folgt, wenn man diese wie selbstverständlich auslebt. Die Pointen treffen ins Schwarze – der Trailer wirbt nicht umsonst mit „Von dem Studio von ‘The Big Sick‘“ – die emotionalen Aspekte der Geschichte zünden ebenfalls und am Ende steht das unbedingte Streben nach Harmonie und gegen die ausgeprägte Ellenbogengesellschaft.