Streng geheim! - Spionage bei Dreharbeiten eines Filmklassikers
Wien 1948: In einem Abhörtunnel unter der geteilten Stadt belauscht der britische Auslandsgeheimdienst unbemerkt die Vorgänge im sowjetischen Sektor. Eine der MI6-Agentinnen, die dort arbeiten, ist Daphne Parson. Gemeinsam mit ihren Kollegen wird sie in eine Filmcrew eingeschleust, die in der Wiener Kanalisation gerade Szenen von „Der dritte Mann“ dreht. Ihre Mission: Nazigold sicherstellen, das im von den Russen kontrollierten Teil der Stadt vergraben ist.
In ihrem neuen Krimi „Das Haus am Gordon Place“ verwebt Karina Urbach gekonnt
historische Fakten mit Fiktion. Ein spannender und temporeicher Pageturner, den man kaum aus der Hand legen mag. Die in Düsseldorf geborene, inzwischen im britischen Cambridge lebende Historikerin hat für ihren Roman monatelang recherchiert. Eine ihrer Quellen war Daphne Park. Die 2010 verstorbene MI6-Agentin war Inspiration für die Romanfigur Daphne Parson.
„Über Frauen beim Geheimdienst wird nicht viel berichtet“, bedauert Karina Urbach. Dabei gab und gibt es weit mehr Agentinnen, als gemeinhin angenommen wird. Zu sehr ist das öffentliche Bild von James Bond-Filmen geprägt. „Daphne Park erinnerte mich immer ein wenig an Miss Marple. Sie war so unscheinbar, dass man sie leicht hätte übersehen können“, erinnert sich Karina Urbach an ihre Begegnung mit der MI6-Mitarbeiterin und schwärmt: „Sie war blitzgescheit und hat unglaublich aufregende Dinge erlebt. Als ich sie traf, wusste ich, dass ich über sie schreiben muss“. Blieb die Frage nach dem Wie, denn „natürlich war sie wie alle Geheimdienstleute sehr diskret.“
Die Dreharbeiten zum Kinoklassiker „Der dritte Mann“ spielen im Roman eine wichtige Rolle. „Es gibt tatsächlich mehrere Versionen des Films, die britische weicht von der amerikanischen ab und die deutsche Fassung ist ebenfalls verändert worden“, weiß die Historikerin, denn „jede Seite hatte Angst nicht richtig dargestellt zu werden“. Schließlich war Wien nach Kriegsende ein Hot Spot der Spionage. Der MI6 hatte Ingenieure rekrutiert, die spezialisiert darauf waren, Kommunikationssysteme anzuzapfen. Dafür nutzten sie u. a. erfolgreich den Wiener Untergrund.
Am 3. Oktober wird Karina Urbach ab 20 Uhr zu Gast in der Reihe „Perspektiven“ im Atelier Kino sein, um von ihren spannenden Recherchen über die Arbeit der Geheimdienste zu erzählen und aus ihrem Roman zu lesen.
Im Anschluss zeigen wir noch einmal den Filmklassiker „Der dritte Mann“, der nach ihrem Buch in neuem Licht erscheint.