3 Tage in Quiberon
Deutschland, Österreich, Frankreich | 2018 | FSK TBA
Auf der diesjährigen Berlinale gehörte Emily Atefs 3 TAGE IN QUIBERON, ihr ganz spezieller Blick auf Romy Schneider mit Marie Bäumer in der Titelrolle, zu den mit Spannung erwarteten deutschen Produktionen, versprach er doch vor und hinter der Kamera gleich mehrfache Frauenpower. Die Regisseurin konzentriert sich hier geschickt auf einen sehr kurzen Lebensabschnitt der nach ihrem frühen Tod zum Mythos gewordenen Schauspielerin. Dieser steht aber exemplarisch für das Dilemma dieser überaus klugen und vielschichtigen Frau, die sich nicht in ein Korsett drängen lassen wollte und Zeit ihres Lebens versuchte, ihrem Sissi-Image als niedliche Prinzessin zu entkommen.
Erst durch ihre in Frankreich angenommenen Rollen, die diesem Image diametral entgegenstanden und ihr Können in all seinen Facetten freilegten, wurde sie zu einem europäischen Star erster Güte. Ihre schauspielerische Stärke generierte sie aus ihrer übergroßen Sensibilität, die sie aber auch anfällig machte für seelische Verletzungen – sowohl im beruflichen wie im persönlichen Leben. Letzteres wurde durch verschiedene Schicksalsschläge zum Disaster, ein gefundenes Fressen für die Boulevard-Presse, die dies weidlich ausschlachtete und danach gierte, immer mehr Futter für ihre Sensations-Stories zu erhalten.
Hier setzt nun der Film an, der sich auf entscheidende Tage während eines mehrwöchigen Aufenthaltes 1981 in Quiberon in der Bretagne konzentriert. Mitten im Scheidungskampf mit Daniel Biasini hat sich Romy trotz Geldsorgen in ein Luxushotel am Meer zurückgezogen, um Kopf und Seele freizubekommen und den durch ein Übermaß an Alkohol, Zigaretten und Medikamenten geschwächten Körper zu entgiften. Sie vermisst ihre Kinder, versucht den Zwiespalt zwischen Beruf und Familie in den Griff zu bekommen – ein neues Filmprojekt steht an – und ihre persönlichen Dämonen zu besiegen. Zur Unterstützung ist ihre Jugendfreundin Hilde (beeindruckend präsent: Birgit Minichmeyer) angereist. Überraschend stimmt sie auf Vermittlung des Fotografen Robert Lebeck, einem langjährigen Freund, einem Interviewwunsch des Stern-Reporters Michael Jürgs zu, der entzückt anreist und natürlich ganz eigene Interessen verfolgt. Das Interview wird zum Katz- und Mausspiel, bei der Jürgs alle Register zieht, um Romy aus der Reserve zu locken und seine Story zu bekommen.
Das als letztes großes Interview Romy Schneiders in die Geschichte eingegangene und im Stern 1981 veröffentlichte Gespräch wird zum Schlagabtausch zweier Persönlichkeiten, bei der Aufrichtigkeit und emotionale Offenheit gegen männliche Hybris steht. Wer hier als Siegerin oder Sieger hervorgeht, mag jeder selbst entscheiden. Erfrischend ist jedoch der sensible Blick dieser Regisseurin, die uns Romy näher bringt als hunderte belanglose Zeitungs– und Magazinbeiträge, trotz oder gerade wegen dieser zeitlichen Reduktion auf 3 Tage. Gleichzeitig wird offensichtlich, wie schwer es damals war, trotz eines erfolgreichen Berufslebens als Frau nicht als Beute, sondern als eigenständige Person wahrgenommen zu werden.
Die Geschichte wird auch heute noch vielfach von Männern geschrieben. Dieser Film blickt jedoch von innen und konsequent aus der weiblichen Perspektive auf seine Protagonisten und Protagonistinnen. Ein überaus beeindruckender, neuer und frischer, ja vielleicht sogar der einzige Weg, sich einem Mythos wie Romy Schneider adäquat zu nähern.