A Serious Man
Vereinigte Staaten | 2009 | FSK 12

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt: Physikprofessor Larry Gopnik führt ein klassisches 60er-Jahre-Bilderbuchleben im Mittleren Westen der USA. Doch die heile Fassade bekommt eines Tages Risse und je mehr sich Gopnik darum bemüht, ein ernsthafter Mann zu sein, desto komplizierter wird es. Mit A SERIOUS MAN präsentieren sich die Coen-Brüder erneut in bester Form. Irgendwo zwischen Melodram und Komödie angesiedelt, entpuppt sich der Film als origineller, bitterböser und extrem witziger Diskurs über Moral, Religion und Gesellschaft.
„Back to the roots“, mögen sich die Coens bei Entwicklung des Drehbuchs gedacht haben und hatten dabei nicht unbedingt ihre frühen Filme, sondern ihre eigene Jugend im Blick. Jüdische Religion und jüdisches Leben sind in A SERIOUS MAN allgegenwärtig und ein komplett in jiddisch gehaltener Prolog, der mit dem Rest des Geschehens wenig zu tun hat, dient als Einleitung. Die von den Coens ausgedachte kleine Fabel, die Ende des 19 Jahrhunderts in einem polnischen Schtetl (einem kleinen jüdischen Dorf) spielt, bereitet den Zuschauer auf die folgenden Ereignisse vor. Danach lernen wir Larry Gopnik im Jahre 1967 kennen. Er ist ein erfolgreicher Physikprofessor, liebender Ehemann und fürsorglicher Vater. Aber irgendwie läuft plötzlich nichts mehr so wie gewohnt. Larrys Gattin verlangt die Scheidung, um mit ihrem selbstgefälligen neuen Liebhaber zusammenleben zu können. Sein Sohn kifft und schwänzt die Schule, die Tochter beklaut ihn, um sich eine Nasenkorrektur finanzieren zu können und sein psychisch labiler Bruder hängt auf der Coach herum. Als dann auch noch falsche Anschuldigungen verbreitet werden, sucht Larry Hilfe beim Rabbi. Doch auch das gestaltet sich nicht so einfach…
Nach eigenem Bekunden der Coens sind die vorgestellten Charaktere eine Essenz von den Menschen, mit denen sie selbst groß geworden sind, während sie sich am ehesten mit der Rolle des kiffenden Sohnes identifizieren können. Das glaubt man sofort, denn in einer großartig inszenierten Sequenz, nimmt dieser vollkommen stoned die Bar Mizwa entgegen. Für die entsprechenden Bildmanipulationen, die dabei zum Einsatz kommen, ist wie in den vorherigen Filmen der Coens Kameramann Roger Deakins verantwortlich.
„When the truth is found to be lies/And all the joy within you dies“, heisst es in Jefferson Airplanes Song „Somebody to Love“. Der zieht sich als roter Faden durch A SERIOUS MAN und übersetzt damit nicht nur die Probleme des Protagonisten, der es sich in seinem weitgehend ereignislosen Leben bequem gemacht hat, bis die Realität dies nicht mehr zulässt, sondern kündigt auch den gesellschaftlichen Umbruch an, der Amerika nur kurze Zeit später erreichen und das Althergebrachte hinterfragen wird. Schon in Hunter S. Thompsons Abgesang auf den amerikanischen Traum „Fear and Loathing in Las Vegas“ (und in der Verfilmung von Terry Gilliam) spielte dieser Song und sein Text aus gutem Grund eine zentrale Rolle.


