Are We Lost ForeverQueerfilmnacht

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Are We Lost Forever - 2020 Filmposter
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In seinem unkonventionellen Liebesfilm stülpt David Färdmar die altbekannte Rezeptur des romantischen Kennenlernens um und setzt bei der brutalen Trennung an. Er lässt das (Ex-)Paar Adrian und Hampus alle schmerzhaften Stadien einer solchen durchlaufen: von der anfänglichen Erschütterung über die Wut, die Trauer bis hin zur Entfremdung. „Are we lost forever“ ist angenehm unaufgeregt und „trotz“ queeren Anstrichs von universeller Tragweite.

Adrian und Hampus sitzen aufrecht im weißen Bett, vor einer weißen Wand. Ihre Blicke gehen auseinander, ratlos. „Ein Wir gibt es nicht mehr.“ Mit diesen Worten spricht Hampus aus, was bereits spürbar in der Luft hängt. Perplex sieht Adrian wenig später dabei zu, wie Hampus mit zwei Freundinnen seine Habseligkeiten aus der gemeinsamen Wohnung entfernt und endgültig auszieht. Die eine Hälfte des Bettes nimmt er mit, dafür lässt er den Fernseher da.

Anstatt in Rückblenden aufzufächern, was zu dem Bruch der beiden führte, entblättern sich die auslösenden Ereignisse sukzessive aus Adrians Perspektive. Bei ihm, dem Verlassenen, setzt sich ein unbequemer Reflexionsprozess in Gang, dessen stummer Teilhaber man wird. Immer wieder sucht er den Dialog zu Hampus, versucht zu verstehen, was zwischen ihnen schiefgelaufen ist. Und immer wieder treffen die zwei sich, mal intentional, mal zufällig. Auch die Gefühle zueinander sind nicht ganz erkaltet, was einen vagen Hoffnungsschimmer in Adrian weckt, dass es vielleicht doch zu einem Beziehungs-Comeback kommen könnte. Tage und Monate vergehen, in denen immer wieder sporadischer Kontakt besteht. Doch als Hampus jemand Neuen kennenlernt, muss Adrian seine letzten Hoffnungen beerdigen, die Augen nach vorn richten und sich endlich für einen Neuanfang öffnen.

Inspiriert an originellen Meilensteinen des romantischen Kinos wie Richard Linklaters „Before…“ Trilogie, Marc Webbs „(500) Days of Summer“ oder Abdellatif Kechiches „Blau ist eine warme Farbe“, rollt David Färdmar die Liebesgeschichte entgegen der marktüblichen Gewohnheiten auf. Mit überwiegend nüchternem Blickwinkel folgt er Adrian bei der Verarbeitung und versteht es, die plötzliche Leere visuell einzufangen, die nach Hampus´ Fortgang von allen Seiten auf ihn einstürzt. Die Distanziertheit funktioniert besonders gut in den Szenen, in denen die beiden Protagonisten wieder aufeinandertreffen und gezwungene Gespräche miteinander führen: hier wird die Befangenheit sowie die nach der Trennung einsetzende, gegenseitige Entfremdung sehr deutlich spürbar. Umso irritierender wirken daher ein paar Einsprengsel, in denen der fast schon eher sachlich-analytische Stil durch hintergründige Songs gebrochen wird, die (vor allem in der Schlussszene) auf etwas penetrante Weise Stimmungen heraufbemühen.

Wie kommt man über eine beendete Beziehung hinweg? Und muss man das überhaupt, „darüber hinwegkommen“? Lässt sich eine gemeinsame Vergangenheit auch gemeinsam bewältigen, sodass man – wie „Are we lost forever“ mit subtilem Optimismus zeigt – auch später in neuen Konstellationen am Leben des/der anderen teilnehmen kann? Fragen wie diese bilden den emotionalen Schwerpunkt des Films. Angenehm ist, dass der queere Aspekt der Geschichte niemals überbetont wird, sondern einen erfrischend unverklärten Blick auf schwule Partnerschaften liefert. Denn im Endeffekt handelt es sich bei Adrian und Hampus um ein im Grunde relativ „unspektakuläres“ Paar, mit den ganz alltäglichen Problemen einer Neuorientierung, die ein unbequemes Beziehungs-Aus so mit sich bringen kann.