Come on, Come on

Filmfest Rom 2021

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Mike Mills debütierte 2005 mit THUMBSUCKER, der sogleich auf die Berlinale eingeladen wurde und auf Anhieb einen Silbernen Bären gewann. Schon damals stellt er sein Einfühlungsvermögen in Erfahrungswelten von Jugendlichen unter Beweis. Mit seinem vierten Spielfilm COME ON, COME ON geht er nicht nur den Bedürfnissen von Kindern auf den Grund, sondern lotet auch die Untiefen einer Vaterschaft aus.

Johnny (Joaquin Phoenix) ist ein gutmütiger Radio-Journalist und Single. Er reist gerade durch die Vereinigten Staaten, um in vier verschiedenen Großstädten Kinder für eine Sendung zu interviewen. Er befragt sie nach ihrem Leben, ihren Hoffnungen und ihren Wünschen. Als ihn seine Schwester anruft, ist er gerade in Detroit. Ihre Mutter liegt im Sterben und ihr Ehemann ist wegen seiner mentalen Probleme ins Krankenhaus eingewiesen worden. Das alles überfordert sie so sehr, dass sie sich kaum um ihren achtjährigen Sohn Jesse kümmern kann.
Der ist ziemlich sensibel und scheint unter der ganzen Situation zu leiden. Johnny bietet sich an, nach Los Angeles zu kommen und sich um Jesse zu kümmern. Erstaunlicherweise freunden sich Onkel und Neffe schnell an, und als Johnny wieder arbeiten muss, will Jesse mit nach New York. Dort lernt den Job eines Radio-Journalisten kennen, was ihm so gut gefällt, dass er seinen Onkel auch nach New Orleans begleitet. Johnny dagegen muss lernen, ein Vater zu sein und das möglichst schnell. Dieser Umstand ist ein wenig autobiografisch, erzählte Regisseur Mike Mills auf dem Filmfest in Rom: “Als Vater habe ich festgestellt, dass man sich immer wie ein Anfänger fühlt, man versucht mit den sich ständig ändernden Dingen Schritt zu halten, und hinkt ihnen dennoch immer hinterher. Man ist nie ganz bereit für das, was passiert.” Daraus entsteht eine Art Verwirrung, die Johnny mit besonders viel Zuneigung und Aufmerksamkeit zu kompensieren versucht. Die Interviews mit den fremden Kindern bilden da einen ziemlich rustikalen Kontrast, holen das gelegentlich etwas zu harmonische Verhältnis zwischen den beiden aber auch wieder auf den Boden der Tatsachen. Dafür war Mills wichtig, dass die Antworten der Kinder authentisch und spontan waren. Er wollte ihre Belastbarkeit zeigen, mit der sie der Welt begegnen.
Ganz anders Jesse. Für einen Achtjährigen kommt er manchmal ungemein eloquent daher. Die beiden führen viele tiefgreifende Gespräche, erörtern – inspiriert von den Interviews – die Bedürfnisse von Kindern. Jesse fühlt sich erst sicher, wenn er weiß, dass es seinen Eltern gut geht, sie für ihn da sind und ihn beachten. Mit dieser Position markiert er eine Art inneren Standpunkt, der in Kontrast zu den Interviews steht, die Johnny mit den fremden Kindern führt. Dieser Teil ist vielleicht etwas zu pädagogisch, so sieht und hört man Jesse nur mit Erwachsenen reden, nicht jedoch mit gleichaltrigen Freunden oder Klassenkameraden. Dagegen sind die Gefühle und Meinungen der interviewten Kinder erstaunlich tiefgreifend, lebensnah und pragmatisch. Manchmal kommt es einem so vor, als wäre Jesse gar nicht real, sondern vielmehr ein Anspielpartner für Johnny, der seine Angst vor einer eigenen Vaterschaft ausloten will. Für Joaquin Phoenix ist das mal wieder eine Paraderolle, mit der er sein ungemein breites schauspielerisches Spektrum unter Beweis stellen kann. Jedenfalls taucht er so tief in seine Rolle ein, dass er sich darin zu verlieren droht, und für den Zuschauer ist dies eine beinahe meditative Erfahrung, die man gern auf sich wirken lässt.

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