Cold WarDer Breitengrad der Liebe

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Cold War - 2018 Filmposter

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Pawel Pawlikowski, der vor vier Jahren mit „Ida“ einen nostalgischen Überraschungserfolg hingelegt (und den Auslandsoscar für Polen geholt) hat, meldet sich zurück mit einer sehr musikalischen Liebesgeschichte inmitten der Wirren des Kalten Krieges. Eingebettet in die wahre Geschichte des polnischen Volkstanz- und Gesangsensembles Mazowsze und seiner fortschreitenden politischen Instrumentalisierung erzählt er von einer zarten Begegnung, die immer wieder unterbrochen wird und doch nie endet.

Das erste Mal begegnen sie sich beim Casting auf dem Lande. Wiktor (Tomasz Kot) ist der Komponist des Ensembles. Er reist durch die polnischen Dörfer und sammelt mit seinem Tonbandgerät mündlich tradierte Bauern- und Volkslieder, um aus ihnen große Kompositionen für Orchester zu machen. Gleichzeitig sucht er mit seinen Kollegen unter der Dorfjugend vielversprechende Talente für die Kompanie. Als die widerspenstige Zula (Joanna Kulig) zum Vorsingen erscheint, ist die Anziehung auf Anhieb gegenseitig. Und eine Zeitlang scheint alles perfekt, sie arbeiten zusammen, das Ensemble feiert immer größere Erfolge und daneben bleibt genug Zeit, um zusammen auf der Wiese zu träumen. Doch schon bald meldet die politische Obrigkeit Interesse an, ihre Volkstümlichkeit für die sozialistische Propaganda nutzbar zu machen. Wiktor, der sich nicht einspannen lassen will, ergreift bei einem Auftritt in Berlin die letzte Gelegenheit zur Flucht über die Grenze. Zula kommt nicht mit. Nachdem sie ihn am verabredeten Treffpunkt versetzt, aus Angst, im Westen wieder ein Niemand zu sein, dauert es Jahre, bis sie sich wiedersehen – in der jazzigen Bohème von Paris…

Die Geschichte spielt von 1949-1964. Wilde Zeiten des Wandels. Pawlikowski benutzt die Musik, um die politisch wechselnden Umstände zu illustrieren. Die Volksweise „Dwa serduszka“, mit der Zula beim Vorsingen antritt, erlebt immer wieder neue Inkarnationen, vom großen Orchester bis hin zum Chanson, erhält irgendwann sogar einen französischen Text, nur um wieder ins Polnische zurückübersetzt zu werden. Denn das ist, was auch die Geschichte der beiden Figuren ausmacht – ein ewiges Hin und Her zwischen Heimatliebe und Flucht. Auffällig ist dabei, wie es Pawlikowski gelingt, die politischen Umstände als selbstverständlichen Kontext in ihre Lovestory einfließen zu lassen, ohne daraus einen politischen Film zu machen. Nostalgisch wie schon bei „Ida“ schwelgt er im Lebensgefühl vergangener Tage und schafft es einmal mehr, dass sein Film wirkt, als würde er genau dieser Zeit entstammen. Zwar streift er hier das enge künstlerische Korsett von „Ida“ ab, in dem es kaum Kamerabewegung gab und der mit seinen durchkomponierten Bildern an die Nouvelle Vague erinnerte, und lässt sich auf eine konventionellere Kameraführung zugunsten der Geschichte ein. Doch nach wie vor zaubert er dabei kunstvoll ausgeleuchtete Schwarzweißbilder, die heutzutage Ihresgleichen suchen. Ein Hauch von Film Noir schwebt spätestens in der Paris-Episode durch den Raum, zuvor gibt es liebevoll kernige Aufnahmen von vermutlich authentischen Bauern, die mit Inbrunst ihr Liedgut zum Besten geben. Eine rührende Zeitreise, die einem gerade in ihrer Langsamkeit Möglichkeiten bietet, die Poesie des z.B. Münzenzusammenkratzens in der Telefonzelle zu erkennen. Bilder, die schon fast vergessen waren.