Der Engländer, der in den Bus stieg und bis ans Ende der Welt fuhr

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Der Engländer, der in den Bus stieg und bis ans Ende der Welt fuhr - 2022
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Der britische Regisseur Gillies MacKinnon (EIN KIND VON TRAURIGKEIT) kreiert mit seinem neuen Film ein mitreißendes und feinfühliges Roadmovie der etwas anderen Art. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Reise des 90-jährigen Protagonisten Tom, dessen Frau vor kurzem verstorben ist. Gemeinsam sind sie vor Jahrzehnten, nach einem tragischen Ereignis von Land’s End auf die andere Seite von Großbritannien gezogen, in ein abgeschiedenes Dorf am nördlichsten Punkt Schottlands. Nach ihrem Tod möchte er das erste Mal zurückkehren, wofür er sich, nur mit einem Koffer bepackt, auf den langen Weg quer durch Großbritannien begibt – alles mit dem öffentlichen Busnetz.

Es gibt viele unterschiedliche Spielfilme in denen ältere Menschen im Fokus stehen, die vor dem Tod noch etwas großes erleben oder unternehmen wollen – z.B. eine letzte große Reise (u.a. „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“) oder Dinge, die sie immer schon mal machen wollten (u.a. „Das Beste kommt zum Schluss“) –, doch dieser Film sticht durch seine ruhige Form der Erzählung heraus. Es handelt sich hierbei kaum um eine Komödie, noch um ein großes letztes Hurra, stattdessen wird den Zuschauenden eine höchst einfühlsame und emotionale Geschichte präsentiert, mit einer schauspielerischen Glanzleistung. 

Auf seiner Reise quer durch Schottland und England begegnet Tom (Timothy Spall) vielen verschiedenen Menschen und strandet an verschiedenen Bushaltestellen. Er wird mit einem modernen Großbritannien konfrontiert, welches er in dieser Form nicht kennt. Dabei trifft er sowohl auf liebevolle Helfer:innen, gleichzeitig wird er jedoch u.a. wiederholt mit unterschiedlichen Formen von Diskriminierung konfrontiert. Durch seine bescheidene Herzlichkeit landet er auf verschiedenen Social Media Plattformen und wird ungefragt zu einem Internet-Phänomen. Ohne eine Ahnung davon zu haben, erfährt er auf seiner langen Reise Wärme und Offenherzigkeit von Fremden, die ihm ein Weiterkommen ermöglichen. Ein herzerwärmendes Detail ist, dass er bis zuletzt nicht weiß – und vielleicht auch garnicht wissen möchte –, warum die Menschen ihn kennen und von seiner Odyssee wissen. Für ihn ist das wichtigste sein Ziel zu erreichen. In ständiger Begleitung seines schwächer werdenden Körpers kämpft er gegen die Zeit, die nicht zimperlich mit ihm umgeht. Diese Gebrechlichkeit verkörpert Hauptdarsteller Timothy Spall (MR. TURNER) auf eine so überzeugende Weise, dass es schwerfällt sich vorzustellen, dass es sich hierbei nicht um eine reale Person mit echten Erinnerungen handelt. Timothy Spall zieht einen in seinen Bann, durch seine subtile Darstellung von körperlichem Schmerz und tiefer Trauer. Aufgrund der starken charakterlichen Darstellung, braucht der Film nicht viel und schafft es, trotz weniger Dialoge und dem ein oder anderen Griff in die Klischeekiste, tief in das Herz der Zuschauer:innen einzudringen. Definitiv sehenswert.

 

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