Der Rausch

Oscar 2021: Bester internationaler Film

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Der Rausch - 2021 poster

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DIE JAGD- und DAS FEST-Regisseur Thomas Vinterberg wollte mit seinem neuen Film DER RAUSCH eine Ode an den Alkohol erzählen. Das Endergebnis ist nun weder ein Lobgesang noch eine Verunglimpfung des hochprozentigen Gesöffs, sondern eine gleichermaßen komplexe wie faszinierende Studie darüber, wie Alkoholkonsum die Probleme unserer Gesellschaft widerspiegelt.

Martins (Mads Mikkelsen) beste Zeiten sind vorbei. Der Gymnasiallehrer geht seinen Schülern mit einschläferndem Unterricht, seiner Ehefrau mit ständiger Abwesenheit und sich selbst mit seinem Selbstmitleid auf den Geist. Eines Abends, es ist der 40. Geburtstag eines guten Freundes, werden sich Martin und seine Lehrerkollegen ihres eintönigen Lebens bewusst – und fassen Hals über Kopf einen Entschluss: Getreu der Theorie des norwegischen Philosophen Finn Skarderund, der 0,5 Promille Alkohol im Blut eines Menschen für den Idealzustand hält, wollen sie diese gewagte Äußerung auf ihre Tauglichkeit in der Realität testen und ihren Promillepegel fortan konstant auf diesem Niveau halten. Zunächst scheint sich dieses Wagnis zu rentieren: Zwischen Martin und seinen Schülern läuft es besser, auch mit seiner Frau hat er das erste Mal seit langen wieder leidenschaftlichen Sex. Doch der kontrollierte Exzess hat auch seine Schattenseiten…
Natürlich wird aus dem Spaß irgendwann Ernst. Die Freunde verlieren die Kontrolle über ihr vermeintlich wissenschaftliches Experiment und katapultieren sich in eine Alkoholsucht. Irgendwie naheliegend, den Genuss von Alkohol automatisch mit der Veranschaulichung seiner Gefahren zu verbinden. Allein hierzulande gelten rund 1,77 Millionen Menschen als alkoholsüchtig. Entsprechend häufig findet dieses Thema in der bevorzugt dramatischen Popkultur Erwähnung. Doch da ist ja auch noch der Faktor Thomas Vinterberg, der sich zwar nicht scheut, sozialkritische Themen in durchaus anstrengend-zermürbende Dramen zu verpacken, in letzter Instanz aber immer auch einen besonderen Dreh findet, um seine Inhalte eben nicht eindimensional-plakativ an den Zuschauer heranzutragen, sondern mannigfaltig und komplex.
Insofern wundert es auch nicht, dass DER RAUSCH ursprünglich ein Film über den Genuss und die Sonnenseiten des Alkohols werden sollte. Spurenelemente des – im wahrsten Sinne des Wortes – Rauschhaften erhält der Film auch immer noch. Allein das herausragend choreographierte und gefilmte Ende, beschwört das positive Gefühl eines Alkoholrausches herauf, ohne sich um die Konsequenzen zu scheren. Die gibt es auch vorher, wenn Vinterberg das konsequent auf seinen wissenschaftlichen Charakter konzentrierte Experiment eskalieren lässt. Doch es ist eben nicht der Alkohol, der hier zum Problem erklärt wird – die hier im Fokus stehenden Protagonisten sind reflektierte, fest im Leben stehende Männer, die sich zwar an der Idee vom dauerhaften Besoffensein erfreuen, den Ursprung ihres Experiments – die philosophischen Thesen Finn Skarderunds – jedoch jederzeit ernst nehmen. Es wird sogar penibel darüber Buch geführt, wie der Alkohol die Freunde und ihre Selbst- und Umweltwahrnehmung verändert.

Dass die Situation eskaliert, ist daher nicht (nur) dem Alkohol geschuldet. Er bringt die brodelnden Konfliktherde und Krisen der Hauptfiguren lediglich an die Oberfläche. Es ist ein durchaus kontroverser Ansatz, den Vinterberg hier verfolgt, wenn er den Alkohol zum Brandbeschleuniger herunter spielt – am Ende ist es einfach gesünder, seinem Unmut freien Lauf zu lassen und nicht alles in sich hinein zu fressen. Doch selbst dieser vermeintliche Erkenntnisgewinn bringt die Quintessenz von DER RAUSCH nicht auf den Punkt. Am Ende ist Alkohol weder eine Lösung, noch keine – vielleicht ist das die größte Provokation.