Die Farben der Zeit
Frankreich, Belgien | 2025 | FSK TBA
Cannes 2025

Gerade hatte Suzanne Lindon Ihren großen Auftritt auf dem Festival in Cannes als Hauptdarstellerin in FARBEN DER ZEIT unter der Regie von Frederik Klapisch (L'AUBERGE ESPAGNOLE). Die Tochter von Vincent Lindon und Sandrine Kiberlain ist keine Unbekannte in Cannes. 2020 sollte ihr Langfilm-Regiedebüt, in dem sie auch die Hauptrolle spielt, in der Reihe First Feature Films starten, was aber durch den coronabedingten Ausfall des Festivals verhindert wurde. Das Drehbuch hatte die inzwischen 25jährige schon während ihrer Schulzeit geschrieben und direkt nach ihrem Abschluss in die Tat umgesetzt. In unseren Kinos lief ihr charmanter und mit viel Kritikerlob bedachter Film dann erfolgreich unter dem Titel FRÜHLING IN PARIS.
In FARBEN DER ZEIT stellt sie nun ihr Schauspieltalent erneut unter Beweis. Es geht um eine 30-köpfige Erbengemeinschaft, alles miteinander verwandte Mitglieder einer Großfamilie, die ein verwildertes Haus in der Normandie erbt. Es soll einer Mega-Mall mit 3000 Parkplätzen weichen und die Investoren locken mit einem Kaufangebot. Vier Abgesandte des in aller Welt verstreuten Familienclans werden beauftragt, in diesem Haus vor dem Verkauf nach verborgenen Schätzen zu suchen. Dabei stoßen sie auf die geheimnisvolle Adèle (Suzanne Lindon), die durch ein Porträt und zahlreiche vergilbte Fotos an den Wänden allgegenwärtig scheint. Die weitere Spurensuche hält so manche Überraschungen bereit und die Erkenntnis, wie spannend das Eintauchen in die Vergangenheit, nicht nur der eigenen Familiengeschichte sein kann. Der Zuschauer kann den Lebensweg Adèles durch zahlreiche Rückblenden mitverfolgen. Als 20-jährige verlässt sie 1895 die Normandie, um nach ihrer Mutter zu suchen, die sie nie kennengelernt hat. Der Weg führt sie ins pulsierende Paris in einer Zeit des industriellen und kulturellen Umbruchs: die Fotografie wird erfunden und der aufkommende Impressionismus wirbelt alte Konventionen in der Malerei durcheinander. Am Ende findet sie nicht nur ihre Mutter wieder, sondern auch neue Freunde, die sie mit der Welt der Kunst und Kultur der Jahrhundertwende bekannt macht.
Ein wunderbarer Publikums- und Parisfilm, der mit seiner lebendigen Erzählweise viel Spaß macht. Er nimmt uns mit auf eine Reise, die immer wieder zwischen zwei Jahrhunderten hin- und herspringt. Nicht nur für die Protagonisten wird das verstaubte, vernachlässigte Haus zur Quelle zweier spannender Geschichtsstunden, die mit soviel Witz und Augenzwinkern erzählt werden, dass einem keine Minute langweilig wird. Dabei wartet er bis in die Nebenrollen hinein mit einer ganzen Riege der angesagtesten französischen Schauspieler auf (neben Suzanne Lindon Abraham Wapler, Vincent Macaigne, Julia Piaton, Zinedine Soualem, Paul Kircher, Vassili Schneider, Sara Giraudeau und Cécile de France) , die nur noch mit dem Figurenarsenal im Film (u.a. Claude Monet, Felix Nadar, Victor Hugo, Sarah Bernhardt) getoppt werden kann. „Der Blick in die Vergangenheit hat mit gut getan“, resümiert einer der drei Cousins am Ende des Films seinen Erkenntnisgewinn, das auch sein Handeln für die Zukunft bestimmen wird. Eine Erkenntnis, die Klapisch auch dem Zuschauer erfolgreich zu vermitteln vermag..


