Die Geschichte meiner Frau

Infos Vorführungen

Die Geschichte meiner Frau - 2021 poster

"Die Geschichte meiner Frau" ist auch online verfügbar.

Schau dir den Film bequem von Zuhause aus an.

Informationen

Die ungarische Regisseurin Ildikó Enyedi („On Body and Soul“) entwirft mit ihrer Adaption des gleichnamigen Romans von Milán Füst die Geschichte einer Suche nach Nähe und die mit ihr verbundene Angst vor dem Verlust über die Kontrolle des eigenen Lebens. Situiert in den 1920er Jahren inszeniert sie die turbulente Ehe zwischen einem verschlossenen Kapitän und einer eigensinnigen Salondame. Das dialogfokussierte Beziehungsdrama wirft dabei wie seine Vorlage einen vielschichtigen Blick auf Geschlechterverhältnisse und die ihnen zugrunde liegenden Macht- und Ohnmachtsfantasien, die nicht nur private, sondern auch gesellschaftliche Dynamiken bestimmen.

Kapitän Jacob Störr (Gijs Naber) fährt zur See und transportiert Güter auf Containerfrachtern. Passagiere sind nicht seine Sache und selbst die eigene Crew beobachtet der stattliche Seemann lieber aus der Entfernung seines gehobenen Kajütendecks. Während die Matrosen tanzen, duschen oder sich in erotische Heftchen vertiefen, bleibt der Kapitän missmutig in seiner Kabine, allein mit seiner körperlosen Existenz. Auch das Essen, das er sich von einem eigenen Koch servieren lässt, sorgt für Verdauungsprobleme. Dass Störr Schwierigkeiten hat, sich auf die Welt und das Leben einzulassen, versteht sein Kantinenchef auch in einem weiteren Sinne. Er rät ihm dazu, sich eine Frau zu suchen und zu heiraten.

Wieder an Land, bei einem Treffen mit seinem Geschäftspartner Kodor, rutscht Störr der Gedanke daran als Scherz heraus. Lachend wettet er, dass er die erste Frau ehelichen wird, die durch die Tür des feinen französischen Restaurants kommt, in dem sie sitzen. Keiner der beiden glaubt ernsthaft daran, aber als die charismatische Lizzy (Lea Seydoux) auftaucht und sich allein an einen Tisch setzt, lässt sich der Kapitän zu einer Kurzschlussreaktion hinreißen. Ohne Umwege macht er der fremden Frau einen Heiratsantrag.

Die ungarische Regisseurin Ildikó Enyedi hat nach ihrem Goldenen Bären Gewinner „On Body and Soul“ einen Roman von Milán Füst adaptiert, der bislang zu Unrecht wenig Beachtung fand, auch wenn der Autor in den 1960er Jahren sogar für den Literaturnobelpreis nominiert war. Auf den ersten Blick wirkt die Geschichte um den Kapitän, der sich spontan eine Frau erwählt, wie eine weitere zeitgenössische Kritik an Geschlechterverhältnissen und ihren Machtdynamiken. Das greift jedoch viel zu kurz, wie im Verlauf des Films schnell deutlich wird. Denn Lizzy ist keineswegs eine hilflose, unterwürfige Frau, und ihre Einwilligung in den spontanen Bund mit dem Kapitän hat vielschichtige Motive. Schon bei einem gemeinsamen Strip-Pokerspiel in der ersten Nacht zeigt sie, wer die Hosen in der Beziehung anhat, klar wird es spätestens, als sie sich lachend seine Kapitänsmütze aufsetzt.

„Die Geschichte meiner Frau“ folgt der melancholischen Vorlage, die auch einen politischen Hintergrund hat. Füst vollendete den Roman 1942 in Budapest. Als ungarischer Jude war er aus dem sozialen Leben ausgeschlossen und musste die Deportation fürchten. Die meisten der Schriftstellerkollegen waren längst ins Exil geflohen. Sein Protagonist, den er an die Figur des „Fliegenden Holländers“ angelehnt hat, sehnt sich nach Verbindungen zur Außenwelt und ist doch zu misstrauisch, um sich auf einen Menschen einzulassen.

 

Galerie