Ein Festtag

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Ein Festtag - 2021 poster
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Die französische Regisseurin Eva Husson gibt mit EIN FESTTAG ihr Debüt im englischsprachigen Film. Sie hat sich ein Projekt ausgesucht, das vom Verlust und der nachhallenden Wirkung desselben erzählt. Es ist die Geschichte eines Dienstmädchens, das Schriftstellerin wird. Ein Film voller Melancholie und großer Schauspielkunst nach dem Roman von Graham Swift.

Jane (Odessa Young) ist seit Jahren Dienstmädchen im Haus der Nivens. Am Muttertag  hat sie von ihrer Herrschaft, den Nivens (Colin Firth, Oliva Colman) frei bekommen. Freudig erregt radelt sie hinaus in die Frühlingssonne, um Paul (Josh O’Connor), ihren Geliebten, zu sehen. Nach vielen versteckten Botschaften und heimlichen Treffen soll dies ihre letzte Verabredung sein, denn Paul wird bald standesgemäß heiraten. Doch heute darf Jane erstmals durchs Hauptportal spazieren, um direkt in sein Bett zu sinken, da die Familie samt Dienerschaft ausgeflogen ist. Während Paul sich schließlich auf den Weg zu seiner Verlobungsfeier macht, streift Jane – völlig beseelt vom leidenschaftlichen Liebesakt – allein und nackt durch das weitläufige Herrenhaus, nicht ahnend, welch schicksalhafte Wendung dieser besondere Festtag noch bereithält … 

Der Roman von Graham Swift bietet sich nicht unbedingt für eine Verfilmung an. Er lebt von der Introspektive der Hauptfigur, von ihrem Blick auf die Welt. Über weite Strecken geht es um die Gedanken der jungen Frau, die nackt durchs Haus streift, nachdem Paul gegangen ist, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. Das ist auch das Zentrum des Films, eine Art erzählerischer Limbus, in dem sie beobachtet, was in einer anderen Welt ihres sein könnte, was ihr aber immer verwehrt bleiben wird. Weil im England des Jahres 1924 jeder in seiner Rolle gefangen ist. Der Stand definiert, wer man ist, und man wird niemals etwas anderes sein. Die Liebe von Jane und Paul, so sie von seiner Seite aus überhaupt eine ist, wird niemals öffentlich ausgelebt werden können.

In prägnanten Momenten zeichnet der Film aber nicht nur ein Bildnis ihrer beider Leben, sondern auch das der Menschen in ihrem Umfeld, die auch allesamt gefangen sind, unfähig, sich über Konventionen und Traditionen hinwegzusetzen. Nur Jane bricht aus.

Die Handlung des Jahres 1924 ist das, was wir durch ihre Augen sehen, als sie beginnt, Jahre später die Geschichte niederzuschreiben. In idealisierter Form, mit Worten, die ausgesprochen werden sollten, es aber nicht wurden. Wir erleben so eine Form der Vergangenheit, die von Janes eigenen Wünschen und Wahrnehmungen geprägt ist. Zugleich sieht man ihr gegenwärtiges Leben an der Seite eines schwarzen Mannes – im England jener Zeit sicherlich auch nicht leicht und entgegen jeder gesellschaftlichen Erwartung. Aber Jane hat sich freigeschwommen. Alles, was sie dazu brauchte, war ein Schicksalsschlag.

Auch davon erzählt dieser Film. Von einem Land, das von alles überlagernder Trauer überschattet wird. Der Krieg hat die Familien ausgedünnt, praktisch jede hat einen oder mehrere Söhne an ihn verloren. Nicht nur das Leben dieser Jungs, auch das ihrer Familien endete auf gewisse Art und Weise. Die Melancholie dieser Gesellschaft, aber auch der einzelnen Individuen ist in jedem Moment spürbar. Sie überzieht den ganzen Film, konterkariert durch die Schönheit der Bilder, die Husson eingefangen hat.

 

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