Inherent ViceNatürliche Mängel

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Als unverfilmbar gelten etliche Romane, nicht zuletzt die von Thomas Pynchon. Dennoch versucht sich Paul Thomas Anderson an diesem eigentlich unmöglichen Unterfangen und adaptiert mit INHERENT VICE den noch zugänglichsten Roman des enigmatischen Autors. Ein komplexes Unterfangen, das glücklicherweise jedoch in einen sehenswerten, doppelbödigen Trip aus Wahrheit und Wahnsinn führt. Ganze acht Romane hat Thomas Pynchon in einem halben Jahrhundert veröffentlicht, es existieren nur eine handvoll Fotos des Autors, Interviews gibt er keine mehr. So geheimnisvoll ist der Autor Pynchon, dass er selbst bei einem Gastauftritt bei den „Simpsons“ mit Papiertüte über dem Kopf gezeichnet wurde. Ebenso rätselhaft sind außerdem seine Romane, die keiner klaren Handlung folgen, sondern zahllose Handlungsstränge und ebenso viele Figuren in ein narratives Geflecht einbinden. Dieses wirkt auf den ersten Blick ebenso chaotisch und undurchdringlich, macht bald jedoch das Chaos der modernen Welt sichtbar. Um Paranoia, Verrat, Militär, Drogen und vieles andere geht es in den Romanen Pynchons, deren Verfilmung so manchen Regisseur gereizt hat. Doch erst jetzt ist es mit Paul Thomas Andersons INHERENT VICE gelungen, einen Pynchon-Roman auf die Leinwand zu bringen.

Los Angeles im Jahr 1970. Der Privatdetektiv und Drogenliebhaber Larry „Doc“ Sportello (Joaquin Phoenix) wird urplötzlich von seiner Ex-Freundin Shasta (Katherine Waterston) aufgesucht. Sie erzählt ihm von ihrer Affäre mit dem Milliardär Mickey Wolfman (Eric Roberts) sowie dem Plan von dessen Frau Sloane (Serena Scott Thomas) und deren Liebhaber, den reichen Bauherrn zu entführen und in eine psychiatrische Anstalt zu stecken. Doc soll Shasta nun helfen, dieses Vorhaben zu verhindern. Nicht, dass dies schon absurd genug wäre: Kaum hat er angefangen zu ermitteln, ist Mickey auch schon verschwunden. Während Doc sich auf die Spurensuche begibt, bekommt er es mit seinem verfeindeten Ex-Kollegen Christian „Bigfoot“ Bjornsen (Josh Brolin) und anderen zwielichtigen Gestalten zu tun, die ihn ziemlich schnell in ein bedrohliches und unentrinnbares Netz aus Lügen und Geheimnissen verstricken.
INHERENT VICE liest sich durch seine Komplexität, die immer wieder eine weitere Ebene, eine neue „Wahrheit“ offenbart, sich dann aber doch nicht als die Wahrheit erweist, wie eine kongeniale Adaption von Pynchons Weltsicht: Die Welt ist nicht zu verstehen, das Chaos regiert, jeder Versuch, die Verstrickungen von Gesellschaft, Politik, Militär zu entschlüsseln, müssen scheitern und im schlimmsten Fall in den Wahnsinn führen. So wie die Romanvorlage ist auch die Verfilmung verwirrend, verworren und stolpert stets an den Grenzen der Realität. Doch viel mehr als um Handlung geht es in diesem Trip um Figuren, um Menschen, um eine Welt, die so vielleicht nur in der Imagination eines auf einem Trip rasenden Ex-Hippies oder eben im Kopf von Thomas Pynchon existierte. Es ist eine Welt, die von Hippies, der Gegenkultur, den Auswirkungen des Vietnamkriegs und der Erinnerung an die Manson-Morde geprägt ist. Damit ist Anderson eine brillante Verfilmung eines unverfilmbaren Buches gelungen.

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