King Richard
Vereinigte Staaten | 2021 | FSK 12
Golden Globe Awards 2022: Bester Hauptdarsteller – Drama (Will Smith)
Will Smith zeigt eine Glanzleistung als Vater von Venus und Serena Williams in einem Film, der weder Sportfilm ist noch Biopic oder plattes Aufsteigerdrama, sondern alles davon und noch mehr, nämlich eine wunderbar gespielte Charakterstudie mit gelegentlich ziemlich witzigen Passagen, viel Emotion und spannendem Zeitkolorit.
Richard Williams hat eine Vision: Seine Kinder sollen einmal erfolgreiche Tennisprofis werden. Schon im Vorschulalter werden die kleinen Mädchen Venus und Serena von ihm und Brandy, ihrer Mutter, trainiert. Doch es gibt eine weitere Vision, die beinahe noch wichtiger ist: Richard und Brandy wollen raus aus Compton, einem Vorort von Los Angeles, der von Gewalt, Bandenkriegen und Drogenkriminalität geprägt wird. Zunächst versuchen die Eltern, ihren Mädchen – insgesamt fünf an der Zahl – ein gutes Leben und eine vernünftige Schulbildung zu ermöglichen, gleichzeitig planen sie den Auf- und Ausstieg. Buchstäblich Tag und Nacht arbeiten sie für ihren Traum. Doch damit, dass Venus und Serena täglich auf den öffentlichen Tennisplätzen der Umgebung trainieren, ist es nicht getan, denn für eine Tenniskarriere müssen sie irgendwann Turniere spielen, und das geht nur über Clubs und Trainer. Auch dafür hat Richard einen Plan, doch der ist eine echte Herausforderung, denn das Tennis der 90er Jahre wird von weißen Männern in Weiß dominiert, für Schwarze ist hier wenig Platz, und schon gar nicht für schwarze Mädchen. Doch so schnell gibt sich Richard nicht geschlagen, seine Anstrengungen werden schließlich von Erfolg gekrönt, und der Aufstieg der beiden Mädchen zur Tennis-Weltspitze nimmt seinen Lauf.
Reinaldo Marcus Green nimmt sich ziemlich viel Zeit für die Etablierung seiner Hauptpersonen und ihrer Umgebung. Auf den ersten Blick handelt es sich um eine fröhliche Großfamilie, in der es alles andere als chaotisch hergeht – wie in jedem gut eingespielten Team kennen alle ihre Aufgaben. Der zweite Blick zeigt ein Elternpaar, das in Doppelschichten arbeitet und sich für die Kinder aufopfert. Federführend dabei ist Richard, der Vater, der unerschütterlich an den American Dream glaubt. Dafür schuftet er, dafür opfert er so einiges. Für seine Kinder und für seine Familie – und für seinen Traum – ist er bereit, alles zu geben. Weder scheut er davor zurück, sich lächerlich zu machen, noch beeindrucken ihn Rückschläge oder Niederlagen.
Diesen Vater, der gleichzeitig autoritär und liebevoll ist, der über einen hinreißenden Charme verfügt, so viele Fehler macht und bei aller humorvoller Gelassenheit auch mal mächtig auf die Pauke hauen kann, spielt Will Smith. Dabei übertrifft er sich selbst. Zu Beginn erscheint er in seiner Rolle als Patriarch sehr energisch, geradezu autokratisch und nicht allzu sympathisch. Doch das ändert sich bald. Dank seines differenzierten Spiels wird Richard als Persönlichkeit immer klarer und dadurch liebenswerter, in seiner Verletzlichkeit und Sensualität ebenso wie in der unterschwelligen Aggressivität und Wut, die er fast vollständig zu beherrschen gelernt hat.
Serena und Venus spielen hier nicht die Hauptrolle. Sie sind im Film zwei fröhliche, ehrgeizige und durchaus selbstbewusste Mädchen, die verrückt nach Tennis sind und unbedingt ihren Traum leben wollen. Tatsächlich haben die Williams-Schwestern den Film koproduziert, der in erster Linie hochklassige Unterhaltung bietet, nicht nur für Tennisfans. Mit diesem Biopic setzen sie ihrem Vater, der sich über Armut und Hautfarbe hinwegsetzt und für seine Töchter einen Traum verwirklicht, ein Denkmal. Ein sehr schönes, romantisches Märchen, das in diesem Falle tatsächlich wahr geworden ist.