Sisi & Ich

Berlinale 2023

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Sisi & Ich - 2023
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Zwei große Stars der deutschsprachigen Film- und Theaterszene - Sandra Hüller und Susanne Wolff - in einem spannungsreichen Drama, das aus Sicht der Hofdame Irma von Sztáray die fiktive Geschichte ihrer merkwürdigen Freundschaft mit Kaiserin Elisabeth erzählt - eine Freundschaft, die vielleicht eine Liebe hätte sein können.

„Bei Männern muss ich immer an Tischtücher denken.“ So erklärt Gräfin Irma von Sztáray, warum sie nie geheiratet hat. Nun also soll sie Hofdame der Kaiserin Elisabeth werden. Für diesen Job ist es vor allem wichtig, dass Irma gesund und fit ist. Deshalb wird sie erstmal von allen Seiten begutachtet wie ein Pferd, das verkauft werden soll: Zähne, Beine, Füße … alles muss top sein, damit sie nach Griechenland reisen kann, wo die Kaiserin auf der Insel Korfu eine zweite Heimat gefunden hat. Gleich nach ihrer Ankunft wird sie von Sisi auf die Probe gestellt. Ohne auch nur ein Glas Wasser trinken zu dürfen, muss Irma sportliche Höchstleistungen erbringen und wird auf Diät gesetzt. Sisi lebt in einer Art Frauen-WG und verweigert sich erfolgreich den höfischen Konventionen. Die beiden Frauen freunden sich an, und Irma bleibt bei Sisi bis zum Tod der Kaiserin.

Susanne Wolff gibt der vom Gesundheitswahn besessenen, kapriziösen Sisi einen beinahe ätherischen Charme, aber auch eine leicht rustikale Ausstrahlung. Für diese Frau ist die Insel Korfu der Rückzugsort, wo sie sicher ist vor den Nachstellungen ihres Mannes und vor allen Erwartungen an sie. Die Damen in ihrer Gesellschaft müssen ihr bedingungslos gehorchen, was auch – Freundschaft hin oder her – für Irma gilt. Sandra Hüller spielt sie burschikos und, wo nötig, mit damenhafter Attitüde, oft auch mit einem leicht augenzwinkernden Humor. Dabei wirkt sie deutlich stabiler als ihre zwar zerbrechlich wirkende, aber beängstigend gut durchtrainierte Partnerin, die sie auf endlosen Geländemärschen und strapaziösen Ausritten begleiten muss. Die beiden Stars schenken sich dabei nichts, sie geben ihren jeweiligen Rollen eine unglaubliche Leuchtkraft und Ausdrucksstärke bis in die kleinsten Details. Die fantasievollen, modern anmutenden Kostüme, die auf Korfu das Bild der Frauen bestimmen, tragen ebenso wie der rockige Soundtrack und eine kühne Schnitttechnik dazu bei, dass die beiden Frauen sich scheinbar immer ähnlicher werden. Die Annäherung ist unverkennbar, doch die Liebe bleibt einseitig. Sisi nutzt Irma genauso aus wie alle anderen.

Regisseurin Frauke Finsterwalder setzt die letzten Jahre der österreichischen Kaiserin fiktiv und aus ungewöhnlichem Blickwinkel, dafür aber mit viel Witz und sehr wenig österreichischer Folklore um, wobei der erzählerische Bogen im Verlauf der Handlung immer mehr an innerer Spannung gewinnt. Dabei erinnert der Film zwangsläufig an CORSAGE, aber auch an MARIE ANTOINETTE von Sofia Coppola, nicht nur hinsichtlich der modernen, poppigen Musikauswahl, sondern auch, was die sich steigernde elegische Stimmungslage von Sisi betrifft, deren Wege Frauke Finsterwalder mit Humor und Anteilnahme begleitet. Die manische Sisi ist Verführte und Verführerin zugleich, fordernd und großzügig im selben Moment. Finsterwalders wilde und manchmal wüste Neuinterpretation schafft Räume für Diskussionen. Die dank Kokaintinktur und ständigem Fasten ziemlich zugedröhnten Damen des Hochadels in ihrem griechischen Paradies bieten jedenfalls viele Ansatzpunkte für eine Auseinandersetzung mit aktuellen Themen wie Body Shaming, Frauenliebe und Diätwahn.

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