The Visitor
Großbritannien | 2024 | FSK 18
Bruce LaBruces „The Visitor“ ist eine provokative Neuinterpretation von Pier Paolo Pasolinis „Teorema“, die hypnotische Bilder, explizite Erotik und politische Kritik eindrucksvoll verknüpft. Der Film beginnt mit einer gewagten Szene: Der titelgebende Besucher (Bishop Black) entsteigt nackt einem Koffer, während im Hintergrund Enoch Powells „Rivers of Blood“-Rede ertönt – ein mutiger Auftakt, der Xenophobie und gesellschaftliche Vorurteile anspricht.
LaBruce schafft eine verstörende, aber zugleich faszinierende Welt aus Neonfarben, stroboskopischen Lichtern und ironischen Zwischentiteln wie „Open Borders, Open Legs“. Der titelgebende Besucher wird zum Katalysator für die Transformation einer wohlhabenden Familie, indem er ihre starren Strukturen durch intime Begegnungen aufbricht. Bishop Blacks stille, magnetische Präsenz verleiht dem Film eine hypnotische Kraft, während die Familie durch diese Konfrontation ihre Identität und Wünsche neu entdeckt.
Doch „The Visitor“ ist mehr als Provokation. LaBruce nutzt Sexualität als politisches Werkzeug, um Themen wie Macht, Klasse und Identität zu hinterfragen. Er feiert queere und trans Körper, während er gesellschaftliche Normen dekonstruiert. Trotz seines radikalen Stils bleibt der Film inhaltlich bedeutsam. Eine gleichermaßen verstörende wie faszinierende Auseinandersetzung mit gesellschaftlicher Veränderung – ein Werk, das zum Nachdenken anregt und definitiv (!) in Erinnerung bleibt.