68. Internationale Filmfestspiele Berlin – Ein Vorbericht

Im Vorfeld der diesjährigen Berlinale war es ungewöhnlich laut. Jedenfalls hat der 2019 auslaufende Vertrag von Festivalleiter Dieter Kosslick 79 Filmemacher auf die Idee gebracht, bei Kulturstaatsministerin Monika Grütters eine Petition einzureichen, die für die Benennung des neuen Festival-Chefs ein transparentes Verfahren und eine Findungskommission fordert. In der Presse ist dieser Brief als Misstrauensvotum gegen Kosslick interpretiert worden, der auf die Frage eines Journalisten nach dieser ‚Meuterei auf der Berlinale-Bounty‘ antwortete, dass die Berlinale im Gegensatz zur Bounty nicht gestrandet und ihr Kapitän wohl auf sei, was er mit dem kommenden Festival eindrucksvoll belegen wolle. Mittlerweile haben die meisten Kritiker längst zurückgerudert, und tatsächlich fällt Kosslicks Bilanz nach 18 Jahren Berlinale-Leitung eher positiv aus. Die Berlinale ist heute mit 330.000 Besuchern das größte Publikumsfestival der Welt, hat nach Cannes den zweitgrößten Filmmarkt und zeigt sicherlich auch die meisten Filme, die sich auf viele Sektionen verteilen. Genau diese Vielfalt ist es nun, die man Kosslick vorwirft, die Berlinale sei zu unübersichtlich, zu wenig fokussiert und der Wettbewerb insgesamt zu schwach.

Wenn man einen Vorwurf teilen kann, dann ist es der letzte. Aber genau da hat es Berlin auch nicht leicht. Abgesehen vom frostigen Wetter, das nur wenigen Stars Lust macht, im leichten Abendkleid auf dem Roten Teppich zu flanieren, ist der Februar immer schon der undankbarste Monat für ein großes Festival gewesen. Jeder Regisseur will mit seinem neuen Film lieber nach Cannes, wo man sich drei Monate später mehr Aufmerksamkeit verspricht. Cleverer ist da Venedig positioniert. Die dortigen Filmfestspiele liegen im September und haben sich in den letzten Jahren immer mehr auf die kommenden Oscar-Favoriten konzentriert. Für Berlin bleibt da nur die zweite Wahl, und es gab schon viele Versuche, diese besser zu verkaufen. Früher war es das ‚Tor zum Osten‘ und heute das ‚politischste Festival der Welt‘. Dennoch kann es nicht besser sein, als die Filme, die es zeigen kann.

So hoffen wir wieder einmal auf einen ‚guten Jahrgang‘. Mit Wes Andersons „Isle of Dogs“ als Eröffnungsfilm beginnt es jedenfalls vielversprechend. Zuletzt hat er mit „Grand Budapest Hotel“ 2014 einen fulminanten Auftakt hingelegt. Doch diesmal handelt es sich um einen Zeichentrickfilm, der Ebbe auf dem Roten Teppich befürchten ließe, wenn er nicht die Sprecher*innen seiner Figuren mitbringen würde. Dazu gehören unter vielen anderen: Bryan Cranston, Edward Norton, Bill Murray, Jeff Goldblum, Scarlett Johansson, Tilda Swinton, Greta Gerwig, Frances McDormand und und und…

Darüber hinaus dürfen wir uns im Wettbewerb auf die neuen Filme von Gus van Sant, Benoit Jacquot und der Polin Małgorzata Szumowska („Body“) freuen. Robert Pattinson und Mia Wasikowska werden in „Damsel“ zu sehen sein und Hanna Schygulla spielt in Cédric Kahns „The Prayer“ mit. Für Deutschland gehen Philipp Gröning, Christian Petzold mit „Transit“ und Emily Atef mit „3 Tage in Quiberon“ an den Start. Letzterer wird schon hoch gehandelt, weil hier Marie Bäumer den Weltstar Romy Schneider spielt. Lars Kraumes („Der Staat gegen Fritz Bauer“) neuer Film „Das schweigende Klassenzimmer“ wird als Berlinale Special in einer Gala-Premiere im Friedrichstadt-Palast gezeigt und startet gleich danach in unseren Kinos.