Das Verschwinden des Josef Mengele
Frankreich, Russland, Mexiko, Deutschland | 2025 | FSK TBA
Wettbewerb, Cannes 2025

Kirill Serebrennikov ist Dauergast in Cannes. Seine Filme behandeln oft historisch relevante Themen, sind aber häufig zu komplex und überfrachtet, als dass sie eine Zugkraft beim Publikum entfachen könnten. Mit LETO gelang ihm 2018 der internationale Durchbruch und auch ein Publikumserfolg. Inzwischen lebt und arbeitet der in Russland geborene Dissident in Berlin und hat sich nun einem urdeutschen Thema angenommen.
Von Kalle Somnitz
DAS VERSCHWINDEN DES JOSEF MENGELE ist ein Biopic über Josef Mengele, den Todesengel von Auschwitz. Serebrennikov konzentriert sich auf die Zeit nach dem Krieg, wo der Sohn eines herrschsüchtigen Fabrikanten, aufgrund seiner Taten und der anstehenden juristischen Aufarbeitung, nach Südamerika flieht. Völlig unnötig, wie sein Vater meint, dessen Firma im ostdeutschen Günzburg fast jeden Bürger beschäftigt. “Sicherer als hier bist du nirgendwo auf der Welt“, meint er und finanziert dennoch seine Flucht nach Südamerika, wo er zunächst in Paraguay untertaucht und später nach Brasilien flieht.
Serebrennikov inszeniert Mengeles Flucht und Zeit im Exil, als Paranoia in schwarzweißen Bildern mit Anklängen an den ‘film noir’. Der Nazi-Täter wird in seinem Film zum Flucht-Opfer, das in seinem Leben keine ruhige Minute mehr haben wird. Nur einmal zeigt er Stärke. Als ihn sein inzwischen erwachsener Sohn besucht und mit seinen Gräueltaten konfrontiert, zeigt er keine Gewissensbisse, sondern eine Unbeirrbarkeit und Sturheit, die einem angesichts aktueller Diskussionen geradezu Angst machen kann. Serebrennikovs Porträt des Massenmörders ist aus deutscher Sicht sicherlich kritisch zu sehen, aber als Russe hat er vielleicht das Recht, andere Schwerpunkte zu setzen. Seine Inszenierung ist mal wieder überbordend und macht aus dem Porträt eines Massenmörders eine überladene Operninszenierung.


