Die Welt wird eine andere sein

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Die Welt wird eine andere sein - 2021 poster
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Pünktlich zum 20. Jahrestag eine sehr menschliche Auseinandersetzung mit den Anschlägen vom 11. September 2001: In Form einer tragischen Liebesgeschichte lässt uns Anne Zohra Berrached (24 WOCHEN) in ihrem dritten Spielfilm miterleben, wie aus einem ganz normalen jungen Mann ein Attentäter wird – und das aus der Sicht seiner ihn liebenden Lebensgefährtin. Ein einfühlsames und sehr differenziertes Lehrstück über ein Abrutschen in den Fundamentalismus, vor allem aber auch über die Vielfalt muslimischen Lebens in unserer Kultur.

Asli (Canan Kir) ist Türkin, lebt mit ihrer Mutter und ihrer Schwester in Deutschland und studiert Medizin. Auf der Kirmes lernt sie den charmant lebensfrohen libanesischen Flüchtling Saeed (Roger Azar) kennen. Nach und nach kommen sie sich näher, doch Aslis Familie darf davon nichts wissen: eine uneheliche Beziehung, und dann auch noch zu einem Araber – eine Schande in den Augen der traditionsbewussten Mutter. Saeed wirkt daneben viel aufgeschlossener („Wir beten in dieselbe Richtung!“) und ermutigt Asli, ihren eigenen Weg zu gehen. Dennoch heiraten die beiden, auch um es den anderen recht zu machen, und eine Weile scheint ihrem Glück nicht viel im Wege zu stehen. Doch Saeed verbringt immer mehr Zeit in der Moschee und verändert sich. Asli sieht sich in der Zwickmühle: Sie hat bei der Trauung gelobt, zu ihm zu halten, was auch passiert, doch der neue Saeed wird ihr immer unheimlicher. Schließlich verschwindet er sogar mehrere Monate im Jemen, ohne ihr zu sagen, warum. Bei seiner Rückkehr beteuert er, das sei nun alles vorbei. Mit ihrer Unterstützung erfüllt er sich seinen Lebenstraum und macht eine Pilotenausbildung in Miami. Erst als die Nachrichten sich auch hierzulande überschlagen, dämmert ihr, dass überhaupt nichts vorbei war – im Gegenteil: Die Ausbildung gehörte zu seinem langgehegten Plan…

Geschickt führt die Filmemacherin, die selbst als Kind eines algerischen Einwanderers in Deutschland aufgewachsen ist, sehr verschiedene muslimische Haltungen hierzulande vor und lässt sie aufeinander prallen. So ist es der zunächst so aufgeschlossen und viel westlicher wirkende Saeed, der letztlich zum Fanatiker wird, während die anfangs so viel strenger und fremder wirkende Mutter mit seinem Märtyrertum bis zum Schluss nichts anfangen kann: Für sie steht dies in krassem Widerspruch zum Koran. Eine solche Differenzierung, gerade im Zusammenhang mit einem Reizthema wie Terror, ist ein kluger und notwendiger Beitrag zur Verständigung. Dass die eigentlichen Motivationen des Attentäters dabei vage bleiben, liegt am Fokus der Geschichte: Im Mittelpunkt steht hier nicht der Attentäter, sondern seine Frau, der er ebenso wenig über seine Beweggründe verrät wie uns, und die letztlich mit der Frage konfrontiert ist, ob sie es nicht hätte ahnen und irgendwie verhindern müssen. Berrached findet für all das wunderbar poetische Bilder, die immer wieder über ein bloßes Abbilden der Story hinausgehen und uns eintauchen lassen in das Seelenleben ihrer ohnehin absolut überzeugenden Protagonistin.