Elle

Golden Globe 2017 Beste Hauptdarstellerin, Bester fremdsprachiger Film

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Elle - 2016 Filmposter

"Elle" ist auch online verfügbar.

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"Elle" - ein Titel, der bei der Aussprache auf der Zunge zergeht und wie ein Echo im Gaumen nachhallt. Einen ähnlich nachwirkenden Effekt hat auch der Film selbst, der sich als genreumwanderndes, hochkomplexes und in mutiger Überkonstruktion überaus raffiniertes Meisterwerk entlarvt und nicht allein als schwarzhumoriger Thriller abgetan werden will. Hinter der Fassade lauert ein satirisches Katz- und Mausspiel, bei dem Isabelle Huppert alias Michèle Leblanc wahrscheinlich die Leistung ihrer Karriere erbringt und eine Frau mimt, die man in dieser Form noch nie auf der Leinwand gesehen hat. Hierfür wurde sie bereits mit einem Golden Globe prämiert, ebenso wie der Film selbst als "Bester fremdsprachiger Film", womit er sich unter anderem gegen den deutschen Beitrag "Toni Erdmann" durchsetzte.

Nur die Katze war Zeuge: Der Maskierte erhebt sich von der am Boden liegenden Michèle (Isabelle Huppert), schnauft und flüchtet. Einem schwant bereits, was geschehen ist, als sich die soeben Missbrauchte erhebt und die Scherben eines kurzen Widerstandskampfes gegen den Eindringling beiseite kehrt. In der Badewanne liegend starrt sie ins Leere und säubert ihre Wunden. Anders als man erwarten würde, reagiert sie am folgenden Tag jedoch, indem sie der Alltagsroutine ihren scheinbaren Lauf lässt. Pragmatisch wie eh und je erscheint sie am Arbeitsplatz, einer Entwicklungsfirma für Computerspiele, und staucht als Leiterin sofort ihre in Verzug liegenden Arbeitnehmer zusammen. Im Laufe des Tages lässt sie mit Adleraugen ihre Blicke zwischen all den Männern umherwandern und selektiert nach dem Täterpotential. Erst beim gemeinsamen Abendessen mit ihrem Exmann (Charles Berling) und Freunden (Christian Berkel, Anne Consigny) erwähnt sie von dem „Malheur“, dass ihr einen Tag zuvor widerfuhr – ganz nebenbei, sodass ihre Zuhörer erst einen Moment stutzen, bis sie die Tragweite des ihr Widerfahrenen realisieren. Nachdem sie trocken vom Thema in ein anderes überleitet, fragt man sich, wie sie bei der Kühle, in der sie agiert, nicht die Polizei alarmieren konnte. Doch dies hat einen anderen Hintergrund, der sich erst allmählich entblättern soll. Bis dahin fahndet Michèle lieber alleine nach dem Täter – mit ihren eigenen Methoden.

Schon im kontroversen Erotikthriller „Basic Instinct“, der der damals gänzlich unbekannten Sharon Stone als Sprungbrett zur A-Liga Hollywoods diente, aber auch dem Spionagefilm „Black Book“, in dem eine Jüdin mit einem deutschen Nazioffizier anbandelt, sezierte Verhoeven männliche Begierden und entblößte deren Schwachstellen. Satirisch und hochspannend inszeniert er auch in „Elle“ eine willensstarke Frau, die sich eisern in Männerdomänen behauptet und es mitunter anhand kalkuliert eingesetzter Sexualität vollbringt, das „stärkere Geschlecht“ zu kompromittieren. Sie ist nicht mehr ganz jung, hat beruflichen Erfolg und ist kaltschnäuzig. Ebenjene Charaktereigenschaften machen sie nicht unbedingt zur klassischen Sympathieträgerin, doch ist diese Figur perfekt dazu geschaffen, eigene Normwerte gnadenlos durch den Reißwolf zu jagen. Anschließend dreht sich einem der Kopf. Nicht nur, weil „Elle“ selbstsicher in seiner Überkonstruktion schwelgt, provokativ oder drastisch daherkommt, sondern weil er mit ebenjener sarkastischen Beiläufigkeit, die bezeichnend für den gesamten Film ist, ganze Gendermodelle unterwandert. Verhoeven statuiert sich einmal mehr als richtiger Mann für schwieriges Terrain und sexuell aufgeladene Subversion.