Fallende Blätter

Preis der Jury, Cannes 2023

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Fallende Blätter - 2023
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Aki Kaurismäkis neuer Film ist eigentlich ein alter. Jedenfalls bezeichnet er ihn selbst als vierten Teil der Arbeiter-Trilogie, mit der er Ende der 1980er Jahre seine Karriere begann. In FALLENDE BLÄTTER erzählt er eine für ihn typische, gewohnt lakonische Liebesgeschichte, die an die alte Trilogie erinnert. Gespickt mit vielen Zitaten aus der Filmgeschichte, darunter auch einige aus seinem eigenen Schaffen, die erst später in seiner Karriere entstanden sind. So entsteht eine Zeitreise zu seinen filmischen Anfängen und gleichzeitig eine Projektion seiner damaligen Themen auf die heutige Zeit und in die Zukunft.

Dabei hat sich gar nicht soviel geändert. Nur die Schauspieler sind neu. Alma Pöysti und Jussi Vatanen spielen Ansa und Holappa, zwei einsame Menschen auf der Suche nach ein wenig Liebe. Ansa arbeitet in einem Supermarkt, wo sie die Regale auffüllt und schon mal abgelaufene Waren mit nach Hause nimmt, wofür sie bald entlassen wird und als Plastik-Sortiererin am Band eines Recyclinghofes anfängt. Holappa ist Bauarbeiter und Alkoholiker, später dann Ex-Alkoholiker. Er besucht gerne Karaoke-Bars, singt aber nie. Die beiden treffen zufällig im nächtlichen Helsinki aufeinander und doch kommen sie nicht so recht zusammen. Eine verlegte Telefonnummer, ein Name, nach dem man nicht gefragt hat, ein Job, der längst gekündigt wurde und natürlich das Schicksal des Lebens, das denjenigen, die ihr Glück suchen, immer Steine in den Weg legt, verhindern ein Wiedersehen. Es ist eine Mischung aus Pech und Ungeschicktheit, die hier zu der gleichen Lethargie führt wie schon vor über dreißig Jahren. Da lässt selbst der Hund auf dem Sofa den Kopf hängen, zumal im Fernsehen ohnehin nur Kriegsberichte aus der Ukraine laufen.

“Eigentlich wollte ich gar keine Tragikomödie machen, da das Leben derzeit eh viel zu tragisch ist,” erzählte Kaurismäki gut gelaunt in Cannes, “aber dann habe ich zwei Wochen lang auf dem Sofa gesessen und die Wand angestarrt und festgestellt, dass das auch nichts bringt.” Und so kam er auf die Idee, nach SCHATTEN IM PARADIES, ARIEL und DAS MÄDCHEN AUS DER STREICHHOLZFABRIK,  einen vierten Teil seiner Arbeiter-Trilogie zu drehen. Er erzählt die alte Geschichte mit neuen Darstellern, baut viele Filmzitate ein und erweist so Bresson, Ozu und Chaplin seine Reverenz. Wie diese interessieren ihn die Dinge, die die Menschen in eine bessere Zukunft führen können: Sehnsucht nach Liebe, Solidarität, Hoffnung und Respekt sind die Themen, zu denen Kaurismäki von dem Lied „Les feuilles mortes“ („Dead Leaves“) von Joseph Kosma mit einem Text von Jacques Prévert inspiriert wurde. 

Kaurismäki hat  einen neuen Film im alten Stil gedreht, dabei aber die Perspektive umgekehrt. Damals brachte es genauso wenig nach vorn wie heute zurückzuschauen. Er ist und bleibt halt der Meister der Lakonie und wurde in Cannes mit dem Preis der Jury geehrt.

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