Frida

Eröffnungsfilm Venedig 2002

Infos Vorführungen

Frida - 2002

zum 70. Todestag von Frida Kahlo

Lesung und Talk mit Maren Gottschalk

Informationen

Ein Künstlerportrait der besonderen Art ist Julie Taymors FRIDA. Ausgezeichnet besetzt und mit einer temperamentvollen Selma Hayek in der Hauptrolle, ist dieser Film nicht nur Künstlerportrait, sondern auch ein Kunstfilm, der noch dazu mit einer bewegenden Liebesgeschichte aufwartet und in einem noch politisch unschuldigen Mexiko spielt, dass in seiner Farbenfrohheit und Musikalität Lebensart jenseits der Touristenhochburgen in Cancun und Tijuana vermittelt.

„Es gab zwei große Unfälle in meinem Leben“, sagte einmal die mexikanische Malerin Frida Kahlo, „ein Autounfall und Diego Rivera“. Ersteren überlebte sie im Alter von 18 Jahren nur knapp. Mehrfache Knochen- und Rippenbrüche, sowie schwerste innere Verletzungen, setzten sie lange Zeit außer Gefecht und sollten ihr weiteres Leben zu einer Tortur von Korsettagen, Arztbesuchen und Krankenhausaufenthalten machen. Doch die lebenshungrige junge Frau wollte sich ihr Leben nicht von ihren körperlichen Gebrechen vorschreiben lassen und stürzte sich sehenden Auges in eine Beziehung mit dem mexikanischen Wandmaler Diego Rivera. Der war Kommunist, fettleibig und 21 Jahre älter als sie, und außerdem ein absoluter Frauenheld. Er wurde ihr Mentor und Förderer, ihre große Liebe und ihr großes Leid. 

Zur Hochzeit versprachen sie sich nicht Treue, sondern Loyalität und das glamouröse Pärchen sollte die Kunstwelt der dreißiger Jahre im Sturm erobern. Auf Einladung von Rockefeller Junior reisten sie nach Amerika und schmückten die Kunstszene San Franciscos, Detroits und New Yorks. Wieder zurück in Mexiko verkehrten sie in Künstlerkreisen mit der italienischen Fotografin Tina Modotti, dem Surrealisten André Breton und boten dem russischen Politiker Leon Trotsky Asyl.

Breton sagte einmal zu Fridas Malerei: „Worüber wir in Europa theoretisieren, du machst es einfach“, und er hielt sein Versprechen, ihr eine Ausstellung in Paris zu verschaffen. Der Louvre kaufte damals (1939) eines ihrer Werke, es war das erste einer lateinamerikanischen Künstlerin.

Über Diegos Frauengeschichten hatte sie zeitlebens hinweggesehen, als er jedoch ein Verhältnis mit ihrer Schwester begann, war für Frida das Loyalitätsgebot gebrochen. Die beiden trennten sich und Fridas Krankheiten wurden schlimmer. Ihre Zehen wurden wegen Wundbrandes amputiert, später ein ganzer Fuß und ihre Wirbelsäule machte nicht mehr mit. Immer neue Korsettagen und Streckgeräte wurden an ihr ausprobiert. Ihr war egal, was die Ärzte mit ihr machten, Hauptsache sie konnte weiter malen. Diese leidvolle Zeit war ihre kreativste Phase. Ihre Bilder waren, wenn nicht schon Selbstportrait, dann doch immer Ausdruck ihres Gemütszustandes.

Ein Schlüssel, den sich die amerikanische Regisseurin Julie Taymor für ihren Film zunutze macht. Geschickt erweckt sie ihre Bilder zum Leben, um bestimmte Lebensabschnitte zu visualisieren, um das Gezeigte anschließend wieder in einem Bild einzufrieren. Ihr biographischer Ansatz ist ein ausgesprochen künstlerischer. Sie benutzt Kahlo’sche Montagetechniken, übernimmt ihren Einsatz von Farben und schafft so nicht nur die Biografie einer mexikanischen Volksheldin, sondern auch einen gelungenen Künstlerfilm mit einer großartigen Liebes- und Lebensgeschichte. Dabei gelingt es ihr, ein Mexiko zu zeichnen, das seine politische Unschuld noch nicht verloren hat und als Diaspora für weltberühmte Künstler Paris kaum nachsteht. Das alles wird mit einem entsprechenden Soundtrack als ‚Fiesta Mexicana‘ serviert, und wem die Farben des Films zu bunt sind, der war halt noch nicht in Mexiko.

Gekrönt wird das Ganze durch eine hochkarätige Besetzung, in der insbesondere Salma Hayek auffällt, die sich auch als Produzentin um den Stoff verdient gemacht hat und so Konkurrentinnen wie Madonna oder Jennifer Lopez ausschalten konnte. Selma Hayek, als Latino-Braut aus FROM DUSK TILL DAWN bekannt, spielt als wäre es die Rolle ihres Lebens. Mit Temperament und Lebenslust reißt sie den Zuschauer mit, lässt ihn teilhaben an Leid und Freud eines bewegten Lebens. 

Wenn dies alles auch gelegentlich über das Maß hinausgeht und der wahren Frida Kahlo manchmal nicht mehr ganz gerecht wird, so ist dies doch ein großartiger Publikumsfilm, ein Film reich an Bildern und Emotionen, der jederzeit bewegt und sowohl die Kunst als auch die Lebensart dieser Ikone weiblicher Emanzipation vermittelt.

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