Mackie MesserBrechts Dreigroschenfilm

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Mackie Messer - 2018 Filmposter
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Nach dem überragenden Welterfolg von „Die Dreigroschenoper“ im Berlin der Zwanziger Jahre will das Kino den gefeierten Autor des Stücks für sich gewinnen. Doch Bertolt Brecht (Lars Eidinger) ist nicht bereit, nach den Regeln der Filmindustrie zu spielen. Seine Vorstellung vom „Dreigroschenfilm“ ist radikal, kompromisslos und politisch. Er will eine völlig neue Art von Film machen und weiß, dass die Produktionsfirma sich niemals darauf einlassen wird.

So wie der Bettlerkönig Peachum in der Dreigroschenoper mit dem Gangsterboss Macheath um die Vorherrschaft über den Londoner Untergrund kämpft, so tut es Brecht selbst hier in diesem Film mit der Filmproduktion, die sein Werk verfilmen will. Was im Stück ein Kampf unter Ganoven ist, wird hier zum Zweikampf zwischen Kunst und Kommerz. „Diese Filmproduzenten müssen erst bankrott gehen, bevor sie begreifen, dass Film auch Kunst sein kann.“ Mit solchen Sprüchen heizt Brecht der Filmindustrie mächtig ein. Er hat gar nicht vor, das Theaterstück eins zu eins auf die Leinwand zu bringen. Im Gegenteil, er will es weiter entwickeln, gesellschaftskritischer machen, denn die Welt hat sich verändert, die große Wirtschaftskrise, Massenarbeitslosigkeit und der aufkommenden Nationalsozialismus brennen ihm unter den Nägeln. Er stellt sich eine weiterführende Version vor: radikaler, politischer und provokanter. Doch das ist gar nicht im Sinne des Produzenten Seymour Nebenzahl, der bereits 800.000 Mark investiert hat und einfach nur an den großen Erfolg der Oper anschließen will. Brecht stellt die Arbeit am Drehbuch ein, Seymour lässt ein neues schreiben und beauftragt G.W. Pabst mit der Regie. Doch Brecht hatte sich die Rechte an seinem Stück sichern lassen und zieht vor Gericht, ein Tag später klagt auch Kurt Weill seine Musikrechte ein.

Joachim A. Lang ist als Kino-Regisseur zwar ein noch unbeschriebenes Blatt, doch mit Brecht beschäftigt er sich schon seit drei Jahrzehnten. Er hat über das Epische Theater promoviert, war künstlerischer Leiter des Brecht-Festivals und hat ihn oft genug am Theater inszeniert. Er besetzt die ‘terribles’ Brecht/Weill mit Lars Eidinger und Robert Stadlober, denen er nur Originalzitate in den Mund legt, was den Kampf zwischen Theater und Filmindustrie ausgesprochen eloquent ausfallen lässt. Diesem Zweikampf stellt er immer wieder Szenen aus Brechts Vorstellungen vom Dreigroschenfilm gegenüber, in denen sich Tobias Moretti und Joachim Król als Macheath/Peachum nichts schenken. So werden wir schnell mit dem alten Stoff vertraut und erkennen die Weiterentwicklung, wenn am Ende Macheath die Bank übernimmt getreu dem Motto: “Was ist schlimmer? Eine Bank auszurauben oder eine zu gründen?.” Auch hört man ihn auf die Politiker schimpfen, die immer nur einer Partei nachlaufen. “Sie sollten durch private Unternehmer ersetzt werden.” Spätestens jetzt wird der Film erstaunlich aktuell, zitiert den Neopopulismus und auch der Urheberrechtsstreit ist gerade erst vor dem Europäischen Gerichtshof negativ für die Kreativen ausgegangen. So kann auch Brecht seine Urheberrechte nicht durchsetzen, vielmehr wird ihm vorgeworfen, dass er selbst starke Anleihen an „The Beggar’s Opera” von John Gay (Text) und Johann Christoph Pepusch (Musik) genommen hat, die 1728 in London uraufgeführt wurde. Brecht hält dagegen, dass sein Stück eine Weiterentwicklung dieser Vorlage ist, so wie er sie sich auch für sein eigenes Werk wünscht. Dieser Film könnte dies sein.