Mit Herz und Hund

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Mit Herz und Hund - 2020
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Obwohl er eher unauffällig daherkommt, ist Paul Morrisons Film so etwas wie ein kleiner cineastischer Diamant, dessen Schönheit sich erst bei der Betrachtung entfaltet: Die Liebesgeschichte zweier älterer Menschen – Dave und Fern, die sich über ihre Hunde kennenlernen – ist so herzerwärmend wie realistisch und trotz einiger Niedlichkeiten weit entfernt von Kitsch oder jeder Beschönigung, sei es der Charaktere oder ihrer Probleme. Außerordentlich gut geschrieben und von den beiden Hauptdarstellern Dave Johns und Alison Steadman extrem lebensnah gespielt, bietet der Film ein wunderbares Kinoerlebnis, und das nicht nur für Hundefans!

Als sich Dave und Fern das erste Mal begegnen, geraten sie über ihre Hunde in Streit, was schon mal eine gute Grundlage für eine spätere Romanze ist, zumindest im Kino. Doch hier ist alles ein wenig anders. Genauer gesagt ist es Fern, die sich als extrem wenig zugänglich zeigt. Sie hat Angst um ihren kleinen Yorkshire-Terrier, den sie von Daves Schäferhund bedroht sieht. Obwohl Fern und Dave in der Nachbarschaft wohnen und täglich ihre Hunde ausführen, kommen die beiden Menschen sich nur sehr, sehr langsam näher, im Gegensatz zu ihren Hunden, die sich schon bald freudig begrüßen, wenn sie sich treffen. Besonders Fern scheint große Vorbehalte zu haben. Sie tut sich vielleicht generell schwer damit, Freundschaften zu schließen. Doch nach und nach entwickelt sich zwischen den Menschen eine Art von Beziehung, aus der möglicherweise mehr werden könnte als eine Spaziergangsbekanntschaft. Aber leider gibt es da bei beiden ein paar Geheimnisse, die lieber nicht ans Licht kommen sollen …

Paul Morrisons Dramödie ist einfach zauberhaft: Keine klassische RomCom, sondern eine mit leisem Humor erzählte, gut komponierte Geschichte, die sowohl komödiantisch ist als auch sehr realistisch und viele überraschende Wendungen bietet, die hier nicht verraten werden sollen. Die Bilder sind stimmungsvoll, die Dialoge knackig, und die Charaktere sind nicht nur glaubwürdig, sondern geradezu aus dem Leben gegriffen. Manches ist richtig niedlich, ohne dass der Film jemals in die Rentner-Kuschel-Ecke rutschen würde. Und die beiden Helden sind auch keineswegs zwei alte Haudegen, die nochmal so richtig auf die Pauke hauen wollen, so wie es in vielen Komödien mit älteren Leuten üblich ist. Morrison ist das Kunststück gelungen, eine Story über zwei Menschen im Pensionsalter zu schreiben und zu inszenieren, in der nichts beschönigt und vieles problematisiert wird, aber immer nur beiläufig und oft mit britischem Understatement. Die Herausforderungen des Alters sind dabei ebenso Thema wie soziale Aspekte, die allerdings weniger politisch kämpferisch als beobachtend behandelt werden – also eher in Richtung Danny Boyle als Ken Loach. Wie sich im Laufe der Jahreszeiten in 23 Spaziergängen (23 WALKS ist der Originaltitel) die Handlung aus den beiden Charakteren der Hauptfiguren entwickelt, ist so spannend und interessant wie ein Krimi, denn schon zu Beginn tauchen viele Fragen auf, die beantwortet werden wollen: Warum ist Fern so unzugänglich? Was hält die beiden Rentner davon ab, sich einfach anzufreunden? Woher kommen die merkwürdigen Blockaden, die beide zeigen? Aber – so zeigt der Film – Menschen sind eben einfach merkwürdig.

Viele kleine Details machen den Film zusätzlich sympathisch. So erfährt das Publikum die Namen der Hunde gleich zu Beginn, doch bis die Namen der beiden Hauptpersonen genannt werden, gehen ein paar Spaziergänge ins Land. Die sehr gemächliche Annäherung erfolgt über die Hunde, sie sind das wichtigste Gesprächsthema der beiden. Die gut getimten Dialoge sind gelegentlich sehr schlagfertig und humorvoll, der Witz bleibt eher dezent. Es überwiegt der realistische Eindruck – ein bisschen so, als ob tatsächlich das Leben selbst die Dialoge schreiben würde. Die beiden Hauptdarsteller sind hierzulande eher weniger bekannt: Alison Steadman arbeitet vor allem als Theaterschauspielerin mit gelegentlichen Fernsehauftritten und meist kleineren Kinorollen. Sie füllt die Fern mit Glaubwürdigkeit und Leben, spielt sie als intelligente, damenhafte, aber auch leicht geheimnisvolle Frau und ist manchmal erschütternd biestig bis hin zur Zickigkeit, vor allem zu Beginn. Dave Johns spielt den sanftmütigen Dave, der einen gewissen teddybärenhaften Charme ausstrahlt und – etwas anders als Fern – mehr Lebensfreude und Optimismus ausstrahlt. Beide Hauptpersonen haben ihre Macken und Fehler, was sie aber nur noch sympathischer macht. So gut durchdacht wie liebevoll inszeniert wird der Film damit zu einem überraschend hell funkelnden, kleinen Highlight des bisherigen Kinojahrs.

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