Vergiftete Wahrheit

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Viele verheerende Umweltskandale gelangen nur durch Zufall an die Öffentlichkeit. Und meist dauert es Jahre bis sie ihren Weg auf die große Leinwand finden. Das aufrüttelnde Biopic-Drama von Regisseur Todd Haynes ist mehr als ein atmosphärisch dichter Thriller. Sein aufwühlendes Independent-Kino klagt den skrupellosen Chemiekonzern DuPont an, der das Wasser wissentlich vergiftete um Teflon herzustellen. Zu Recht vertraut Haynes in dem gesellschaftspolitisch relevanten und brisanten Film auf seinen großartigen Hauptdarsteller, Mitproduzent, Umweltaktivist, Marvel-Star und Hulk-Darsteller Mark Ruffalo.

Wie einst im erfolgreichen Ökothriller ERIN BROCKOVICH ist das Schicksal des Alltags-Helden aus dem Leben gegriffen, ganz nach dem Motto: Life is stranger than fiction. Und so präsentiert Regisseur Todd Haynes („Carol“) Hollywood-Kino von seiner besten Seite. Seine schnörkellose Inszenierung mit Independent-Blick überzeugt. Dabei bleiben Haynes und die Kamera bei der spannenden, fast kriminalistischen Recherche, nah an ihrem Helden.

Die intensive Whistle-Blowergeschichte beginnt beinahe wie ein Horrorfilm. West Virginia, 1998. Qualvoll verenden die Kühe von Farmer Wilbur Tennant (Bill Camp) reihenweise. Schon die Kälber werden mit Verstümmelungen geboren. Der Bauer weiß sich nicht mehr zu helfen, doch er hat einen Verdacht. Denn das Werk des Chemiekonzern DuPont in Pakersburg entsorgt seit Jahren heimlich seinen flüssigen Giftmüll in nahegelegenen Bächen und Seen. Als größter Arbeitgeber der Region scheint der Chemieriese jedoch unangreifbar. Zusammen mit seinem Bruder Jim (Jim Azelvandre) fahrt Tennant deshalb schließlich nach Cincinnati. Die beiden wagen sich in die Welt glitzernder Hochhausfassaden, in der die renommierte Kanzlei Anwaltskanzlei Taft Stettinius & Hollister residiert. Stur verlangen sie nach Wirtschaftsanwalt Rob Bilott (Mark Ruffalo). Der spielte einst als Kind auf ihrem Bauernhof. Seine Großmutter lebt immer noch in der Gegend. „Ich verteidige Chemieunternehmen“, versucht der Jurist freilich zunächst abzublocken. Aber dann lässt er sich überreden das Desaster vor Ort anzuschauen. Er fährt in seine ehemalige Heimat. Wenn dabei aus dem Autoradio „Country Road“ eines der bekanntesten Folk-Stücke der 1970er Jahre tönt, passt das wie die Faust aufs Auge. Der Sänger John Denver griff schon damals auf seinen Alben Umweltthemen auf. Doch was Rob Bilott zu sehen bekommt, übersteigt seine Vorstellung. Obwohl er normalerweise für die Gegenseite arbeitet, wechselt er danach die Seiten.

Was als regionaler, nationaler Umweltskandal beginnt, endet für den Zuschauer mit dem Wissen, um das globale Ausmaß dieser Umweltvergiftung. Bereits bei 98 Prozent der US-Bevölkerung wurde inzwischen der Schadstoff PFOA im Blut nachgewiesen. Die krebserregende Chemikalie ist weltweit allgegenwärtig. Sie ist Bestandteil von Regenmänteln, Schirmen, Outdoor-Kleidung und anderen fleck- und wasserabweisenden Materialien, sowie von vielen beschichteten Aufbewahrungsbehältern. In Europa soll sie endgültig bis 2025 verboten werden. Selbst die Vereinten Nationen stuften die nicht abbaubare Chemikalie als giftige Substanz ein. Im echten Leben wurde Rob Bilott, der bis heute nicht aufhört weiterzuarbeiten, für sein aufopferungsvolles Engagement 2017 mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.