1962 wurde nach fast 10-jähriger Entwicklungsarbeit ein neues und revolutionierendes Breitwandverfahren in den USA eingeführt: Cinerama! Mit drei Kameras simultan aufgenommen und von drei Projektoren auf riesige, tiefgekrümmte Bildwände projiziert, löste das Verfahren, zunächst mit Naturfilmen, das übliche quadratische Filmbild ab. Dazu lief über eine separate Tonmaschine ein umwerfender 7-Kanal-Magnetton. Die kommerzielle Nutzung des Breitwandfilms war geboren, dem Fernsehen wurde der Kampf angesagt. Formate wie CinemaScope oder Todd-AO 70mm sollten folgen. Aber ohne CINERAMA wäre IMAX nicht möglich geworden und in den letzten Jahren erlebte das 70mm-Kino eine Renaissance, dank Christopher Nolan, Quentin Tarantino, Kenneth Branagh und anderen.
Anfang der 60er Jahre produzierte Cinerama zusammen mit MGM dann zwei Spielfilme im „Drei Linsen-Cinerama Verfahren“, der erste war DIE WUNDERWELT DER (GE)BRÜDER GRIMM. In Deutschland kam zunächst DAS WAR DER WILDE WESTEN im Frühjahr 1963 in die Kinos, danach Weihnachten 1963 die WUNDERWELT.
Im Gegensatz zu DAS WAR DER WILDE WESTEN war dieser Grimmsche Wunderwelt kein Erfolg beschieden und verschwand für Jahrzehnte in der Versenkung. Dank dem erfolgreichen Team Dave Strohmeyer, Randy Gitsch und Tom March wurde alle Cinerama-Filme restauriert, zuletzt 2021 auch endlich DIE WUNDERWELT DER BRÜDER GRIMM. Premiere für Deutschland war im Oktober in der Schauburg Cinerama in Karlsruhe vor über 200 Besuchern in Anwesenheit des Restaurationsteams, eine zweite Veranstaltung im Metropol (wie schon 2015 anlässlich der European Cinerama Tour) musste ich leider aus gesundheitlichen Gründen absagen. Jetzt also endlich, nach fast 60 Jahren, kommt George Pals Meisterwerk wieder zurück nach Düsseldorf. Anlässlich eines Fassbinder-Abends in den 90er Jahren war Karlheinz Böhm bei uns zu Gast und schwärmte von den Dreharbeiten in Rothenburg o.d. Tauber, Dinkelsbühl, Spay, Weikersheim und Hollywood und bewunderte unsere gekrümmte Mini-Cinerama Bildwand! „Ich war dabei“ waren seine Worte. Schade, er erlebt diese Restaurierung, die in den einschlägigen Foren als die Beste überhaupt gelobt wird, nicht mehr. Natürlich ist dies keine ernsthafte Biografie von Jakob und Wilhelm Grimm. Es ist herrliches „Old-School-Hollywood“, die Märchen sind meisterhaft in Szene gesetzt, George Pals legendäre Puppetoons hatten darin ein umjubeltes Comeback! Ein Film, der seine Wirkung nur auf einer großen Kinobildwand im Cineramastyle entfalten kann. Und immerhin ist das Metropol an dieser Wiederentdeckung nicht unmaßgeblich beteiligt gewesen.
Viel Spass in CINERAMA! wünscht Udo Heimansberg
