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In memoriam Georg Bender: Filme & Bilder

Vorführungen

Georg Bender

Geboren wurde er im Kriegsjahr 1942 am 10. Juni in der Golzheimer Klinik als Sohn einer Arbeiterfamilie. Der Vater, ein Bergmann aus Wanne-Eickel, später Baggerführer in Düsseldorf und immer mal – um das Familienbudget aufzubessern – auch ein Boxer auf Jahrmärkten; die Mutter, fürsorgende Hausfrau, auch sie fleißig in anderen Haushalten arbeitend und künstlerisch kreativ mit freiem Vortrag eigener und anderer Gedichte.

Außerdem hatte Georg eine um 15 Jahre ältere Schwester. Bombennächte gehörten in die ersten Monate seines Lebens; die letzten Kriegsjahre lebten die Eltern mit ihrem kleinen Sohn auf dem Land. Als der Krieg für Deutschland verloren war und die Besatzungsmächte auch auf ihr Dorf zumarschierten, hängte der Vater ein weißes Betttuch an die Tür des Bürgermeisterhauses. Für diese Friedensgeste wird er im Dorf beschimpft und missachtet. Die Familie zieht zurück nach Düsseldorf. Georg brachte als kleiner Junge dem Vater die Mittagsmahlzeit im Henkelmann zum Baggersee – das war der Unterbacher See, an dem der Vater arbeitete.

Nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss zum Technischen Zeichner schaffte es der 18jährige Georg mit einer plötzlichen Reise nach England, dem Wehrdienst zu entkommen. Ein eingeweihter Freund brachte ihn in der Nacht zur Fähre nach Ostende. Bei seiner Rückkehr wurde ein Bußgeld fällig – „Fahnenflucht“: die Mutter bezahlte!Nachkriegsdeutschland: Adenauerära – Altnazis, wirtschaftlicher Aufschwung, die Absicht zur atomaren Aufrüstung prägen die Stimmung im Land; Ostermärsche, Protest gegen Aufrüstung und Nato-Doppelbeschluss: das ist jetzt Georgs Welt.

33jährig führte ihn der rote Faden seiner Jahre zur Begegnung mit Joseph Beuys und damit zur Aufnahme in die Filmklasse der Kunstakademie Düsseldorf. DAS IST MEIN DING – seine Worte zu dem, was dann für ihn in Bewegung kam. Nachdem die Filmklasse der Kunstakademie Düsseldorf unter Protest geschlossen wurde, beendete er sein Studium erfolgreich an der Akademie der Freien Künste in Hamburg.

Sein Dokumentarfilm zur portugiesischen Nelkenrevolution – aus der Düsseldorfer Zeit in Zusammenarbeit mit Ina Brand – Bilder einer gewaltfreien Revolution nach 48jähriger Diktatur! Ein Zeugnis kollektiver Kraft; in Gemeinschaftsarbeit geplante und gebaute Häuser des Fischerdorfes Carbanash, die Abnahme des Namenszuges des Diktators Salazar im Film „Ponte“ tragen die Botschaft des Glücks und des Friedens menschlicher Gemeinschaft in Gleichheit und Solidarität untereinander. Seine Filme sind Bekenntnis zum politischen Auftrag der Kunst. „Ein Bild für Bilk“, „Wandmaler sein“, „Vom Atelier zur Zeche“ und andere geben Zeugnis davon.

Mit „Ein Bild für Bilk“ begann Anfang der 80er Jahre auch die jahrzehntelange freundschaftliche Zusammenarbeit mit dem Metropol und dem Betreiber Udo Heimansberg! In Düsseldorf und im Rheinland machte sich Georg Bender einen Namen mit Filmprojekten über kulturelle Initiativen mit Bürgerbeteiligung. Er war Mitbegründer der Düsseldorfer Filmwerkstatt und anderer filmischer Arbeitskreise. Zu Lehraufträgen wurde er nach Duisburg, Bochum, Paderborn und Bremen gerufen; an der Kunsthochschule Kassel übernahm er eine Gastprofessur.

Legendär auch seine Filmmusikseminare im Düsseldorfer Lernortstudio und im Metropol, zusammen mit Tobias van de Locht und Udo Heimansberg; mit hochkarätigen Gästen, u.a. dem 3-fachen Oscarpreisträger Maurice Jarre („Lawrence von Arabien“), Sir Malcolm Arnold („Die Brücke am Kwai“), Anna North (Witwe von Alex North („Spartacus“) oder Jan Harlan, Schwager von Stanley Kubrick. Mit ihrer „Geschichte der Filmmusik“ reisten die drei auch nach Kassel zur Kunsthochschule.

Kleinere Filmsequenzen, die bereits im Rahmen seiner pädagogischen Arbeit 1970 entstanden sind, führten zu bemerkenswerten Beziehungen mit den Sinti- und Roma-Jugendlichen am Düsseldorfer Stadtrand; sie nannten ihn „Jesus“. „Jesus braucht Hilfe“; dieser Ausruf auf der Ratinger Straße zu später Stunde schützte Georg unmittelbar vor einer sich anbahnenden Schlägerei.

Als Lehrender in seinen Regie-Seminaren gewann und förderte Georg Bender Schülerinnen und Schüler mit einfühlsamer Anleitung zur Wahrnehmung und Bilddarstellung, einer „Schule des Sehens“. Seine Arbeit an der Heinrich-Heine-Universität war motiviert im Sinne eines praxisnahen Lernens der Studenten im lebensfernen Universitätsgetriebe. Mit Beginn seiner akuten Erkrankung vor 4 Jahren hat er diese Arbeit auch zum Bedauern seiner Studentinnen und Studenten aufgeben müssen.

Georg Bender starb an den Komplikationen einer Hüftoperation in einem Koblenzer Klinikum am 11. März 2019. Mit seinem erfüllten Leben hinterlässt er in seinen Filmen ein Erbe zur Friedensarbeit.

CHRISTINE KRÜGER / UDO HEIMANSBERG