Marlon Brando zum 100. Geburtstag

Marlon Brando zum 100. Geburtstag

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Marlon Brando

Marlon Brando Jr. (1924-2004) wurde am 3. April vor hundert Jahren in Omaha, Nebraska geboren. Nach einer etwas turbulenten schulischen Laufbahn fand er im Schauspiel seine Berufung und machte sich dank einer fundierten Ausbildung im neuen naturalistischen Method Acting (bei dem die Darsteller auf Erinnerungen an eigene Erlebnisse zurückgreifen) schnell einen Namen am Broadway. Sein großer Durchbruch war mit 23 Jahren die Rolle des Kowalski in Tennessee Williams’ Stück ENDSTATION SEHNSUCHT, in dem er unter der Regie von Elia Kazan einen ganz neuen Männertypus verkörperte: gleichzeitig erotisch maskulin in bis dahin ungesehenen engen Blue Jeans und T-Shirt, aber auch zerbrechlich, launisch und von Selbstzweifeln geplagt (noch ein paar Jahre vor James Dean, der ebenfalls von Kazan aufgebaut wurde). Schnell kam Kazan auf die Idee, das Stück auch für den Film zu adaptieren, wieder unter seiner Regie und mit fast derselben Besetzung, und brachte damit Brando und das Method Acting erstmals ins Kino. Nachdem auch der Film (1951) ein großer Erfolg wurde, plante Kazan direkt seinen nächsten mit Brando: DIE FAUST IM NACKEN (1954), eine sozialkritische Auseinandersetzung mit Korruption in den Gewerkschaften der Hafenarbeiter, die als „Meisterwerk des amerikanischen Realismus“ gefeiert wurde, Brando endgültig als Filmstar etablierte und ihm seinen ersten Oscar einbrachte. Ein knappes Jahrzehnt später ging Brando gewissermaßen von den Docks an Bord und spielte eine zentrale Figur in der MEUTEREI AUF DER BOUNTY (1962), einem der bis dahin teuersten und aufwendigsten Filme der amerikanischen Filmgeschichte, der seine gewaltigen Produktionskosten von 30 Mio. Dollar nicht einspielen konnte und damit das Ende des klassischen Starsystems in Hollywood besiegelte. Brando, den (neben der aufgrund eines Sorgerechtsstreits dringend benötigten Gage von 1,25 Mio. Dollar) v.a. die politische Dimension der historischen Meuterei interessierte, mischte bei der aus dem Ruder laufenden Produktion letztlich auch bei Drehbuch und Regie mit und soll sich noch auf dem Sterbebett am liebsten an diese Rolle erinnert haben. Wieder ein Jahrzehnt später, als der europäische Film auch in Hollywood den Ton angab, schrieb der italienische Regisseur Bernardo Bertolucci ihm die Hauptrolle in der französisch-italienischen Koproduktion DER LETZTE TANGO IN PARIS (1972) auf den Leib. Während der Film letztlich v.a. als „Meisterwerk des erotischen Films“ gefeiert wurde (bzw. aufgrund seiner Explizitheit durchaus umstritten war), ging es seinem Regisseur in erster Linie um die Darstellung eines kaputten Mannes in sexueller Obsession, Isolation, Trauer und Schmerz. Brando, der hier viel Raum zur Improvisation hatte, gab in dieser Rolle mehr von seiner Persönlichkeit preis als in irgendeiner anderen. // Daniel Bäldle

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